Tod und Trauer: Antworten auf die wichtigsten Fragen
Shownotes
Was passiert mit mir, wenn ein geliebter Mensch stirbt – und warum fühlt sich alles so chaotisch an? In dieser Folge geben Franca und Christian Antworten auf Fragen, die fast alle Trauernden früher oder später stellen. Sie sprechen über die Wellen der Trauer, über das Weiterleben mit Schmerz – und darüber, wie sich die Verbindung zum Verstorbenen verändert. Wie funktioniert Alltag, wenn nichts mehr funktioniert? Wann "darf" ich wieder lachen? Und was kann ich tun, wenn andere meine Trauer nicht verstehen? Neben aktuellen Erkenntnissen aus der Trauerforschung geht es vor allem um eines: Orientierung, Entlastung – und um das Wissen, dass du mit deinen Gefühlen nicht allein bist.
Studie zur Behandlung komplizierter Trauer: [Optimizing Treatment of Complicated Grief: A Randomized Clinical Trial - PMC : https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5735848/](http://Optimizing Treatment of Complicated Grief: A Randomized Clinical Trial - PMC : https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5735848/)
Du möchtest mehr über unsere Werbepartner erfahren? Hier findest du alle Infos & Rabatte!](https://linktr.ee/psychologietogo))
Du möchtest Werbung in diesem Podcast schalten? Dann erfahre hier mehr über die Werbemöglichkeiten bei Seven.One Audio!
Transkript anzeigen
00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode Psychologie To Go.
00:00:05: Das ist dein Podcast für hilfreiche Gedanken und Impulse direkt aus meiner psychotherapeutischen Praxis.
00:00:13: Hallo und danke fürs Einschalten.
00:00:16: Trotz des heute sehr schwierigen Titels.
00:00:19: Und falls du gar nicht auf den Titel geachtet haben solltest, weil du sowieso in jede Folge reinhörst, heute wird es um das Thema Tod und Trauer gehen.
00:00:27: Und manchmal habe ich das Gefühl, ich muss das ein bisschen verteidigen, dass das hier jetzt wirklich nicht so ein reiner Wellness-Podcast ist, sondern dass wir immer mal wieder auch Themen aufgreifen, die das gesamte Spektrum der Psychologie abbilden.
00:00:42: Und natürlich gehört auch die Erfahrung mit tiefster Trauer und großen Schmerzen und auch die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod dazu.
00:00:51: Und in Wirklichkeit gehört dieses Thema ja auch so sehr in die Mitte unseres Erlebens, dass man festhalten muss, jede Einzelne von uns, wenn das Leben einigermaßen normal läuft, wird mit Tod konfrontiert sein und wird große Trauer und große Schmerzen aushalten müssen.
00:01:12: Und trotzdem, bin ich ganz ehrlich, fürchte ich mich fast ein bisschen vor dieser Podcastfolge.
00:01:19: Obwohl sie sich übrigens auch schon häufiger gewünscht wurde tatsächlich, aber das hat zum einen mit eigener Betroffenheit mit dem Thema zu tun und zum anderen auch ein bisschen damit, dass ich gerade auf diesem Thema so was kann ich tun, wenn ich jemanden verloren habe, wenn ich unter dem Tod eines geliebten Menschen leide, wenn ich mitten in der Trauer stecke, was kann ich dann tun?
00:01:40: und dass da eine Erwartung an mich und an uns gerichtet wird, die in einem Podcast überhaupt nicht erschöpfend beantwortet werden kann.
00:01:48: Ich stelle mich erst mal kurz vor.
00:01:49: Mein Name ist Frank Kaciruti, ich bin Psychotherapeutin.
00:01:52: Und ich sage das direkt vorweg.
00:01:54: In der heutigen Podcast-Episode werden wir zehn Fragen beantworten, die nach unserem Gefühl die drängendsten Fragen sind, die sich Menschen stellen, die trauern.
00:02:05: Das soll mal so der Rahmen dieser Podcast-Episode sein.
00:02:08: Und wenn ich sage, wir, dann weißt du das, wenn du schon öfter mal reingeschaltet hast, dann meine ich nahezu immer mich und ... Mein lieben Mann, Christian.
00:02:19: Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, also kurz gesagt Psychiater.
00:02:25: Und wir bewältigen diese schwierige Folge heute zusammen, okay?
00:02:28: Hallo, Christian.
00:02:29: Hallo,
00:02:29: Franka.
00:02:30: Es ist ziemlich genau dreizig Jahre her, dass ich das erste Mal richtig hart mit dem Tod konfrontiert worden bin.
00:02:38: Mhm.
00:02:39: Meine gute Freundin Jenny ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
00:02:42: Mhm.
00:02:43: Und das hat mich damals derartig hart getroffen.
00:02:47: und hat über lange Zeit bis heute noch einen Impact in mein Leben, dass ich mit Sicherheit auch sagen kann, dass wir heute nicht nur von Expertenseite, sondern eben auch von Betroffenenseite sprechen können.
00:03:01: Ja, also ich fühle mich diesbezüglich tatsächlich auch ein bisschen... wie als würde ich mir mit einem Finger selber feste auf eine Wunde drücken.
00:03:09: Also diese Folge fällt uns beiden, glaube ich, aus Gründen nicht ganz leicht.
00:03:13: Aber das ist ja genau der Punkt.
00:03:14: Das ist genau eine Lebenserfahrung, die wir jetzt als Menschen mit ganz, ganz vielen anderen Menschen teilen, aber gleichzeitig ja vielleicht auch ein bisschen psychologisch einordnen können.
00:03:25: Zu meinem Bedauern war das auch nicht der einzige Todesfall in meinem Leben.
00:03:29: Und zuletzt ist vor ungefähr einem Jahr mein Vater verstorben.
00:03:32: Ich erzähle das deswegen, weil wir häufiger mal gefragt werden, ob, wenn man in Anführungszeichen vom Fach ist, einem das denn hilft in verschiedenen Lebensbereichen, ob es dann besser geht.
00:03:43: Und das ist ein Lebensbereich, da hilft es wie eine Leitplanke vielleicht an den Rändern, aber alles, was dazwischen liegt, muss man genauso durchleben.
00:03:54: Manche Dinge müssen gelebt werden.
00:03:57: Da gibt es keine Abkürzungen.
00:03:58: Ja.
00:03:59: Und man kommt aus dem Schmerz nicht schneller oder besser raus, nur weil man fachlich darüber ganz viel weiß.
00:04:05: Aber trotzdem wollen wir uns heute in der Podcast-Episode bemühen, ein paar hilfreiche Gedanken mal vorzustellen bzw.
00:04:11: so ganz dringende Fragen zu beantworten.
00:04:14: Und die Frage Nummer eins ist, glaube ich, genau die, die du gerade auch so angerissen hast, wie lange dauert das?
00:04:23: Wie lange muss sich das aushalten?
00:04:25: Und gibt es irgendwelche Abkürzungen?
00:04:27: Hindurch, durch die Trauer.
00:04:29: Eine festgelegte Dauer, eine feste Zeitspanne gibt es, glaube ich, nicht.
00:04:34: Allerdings ist Trauer in Anführungszeichen normale Trauer endlich.
00:04:40: Und du weißt das ja, es gab vor relativ kurzer Zeit starke Diskussionen unter den Fachleuten, denn die prolongierte Trauerreaktion oder die komplizierte Trauer, wie sie früher auch genannt wurde, ist in die Diagnosekriterien DSM-Fünf und ICD-Elf mit aufgenommen worden.
00:04:58: Und die sind unterschiedlich, diese Kriterien je nach Zeit.
00:05:02: Die ICD-Elf sagt nach sechs Monaten immer noch starke Trauer.
00:05:06: Das wäre schon sozusagen pathologisch.
00:05:09: Und DSM-Fünf sagt nach zwölf Monaten.
00:05:11: Okay, das ist interessant, weil das sind die großen diagnostischen Manuale, an denen wir als Behandler und Behandlerinnen uns orientieren sollen.
00:05:19: Und das ist ja schon krass, wenn das eine sagt, länger als ein halbes Jahr tiefe Trauer könnte schon behandlungsbedürftig sein.
00:05:26: Und das andere sagt, wer über ein Jahr ... tief trauert könnte behandlungsbedürftig sein ist er schon ziemlich erheblicher unterschied.
00:05:35: ja und daran sehen wir auch schon.
00:05:37: wenn man sich schon unter fachläuten deswegen und über solche großen zeiträume streitet dann scheint es individuell ganz unterschiedlich zu sein und ich gehe fest davon aus dass jemand schon nach drei oder vier monaten theoretisch eine ungewöhnliche oder starke trauerreaktion mit krankheitswert haben kann und je nachdem jemand anders der braucht eben sehr viel länger Und da sind achtzehn Monate oder zwei Jahre immer noch im Normbereich.
00:06:03: Zumal ich will jetzt niemanden desillusionieren, aber du hattest jetzt gesagt, Trauer ist endlich.
00:06:09: Und das stimmt natürlich in so weit, als dass man irgendwann wieder in ein Leben eintritt, in dem man sich ganz alltagstauglich fühlt und auch stabil und auch viel Lebensfreude empfindet und einen Sinn im Leben fühlt und all das.
00:06:24: Und gleichzeitig merke ich auch jetzt gerade in dieser Aufnahmesituation an uns beiden, wenn wir uns so stark auf das Thema einlassen und auch an die Menschen denken, die wir verloren haben, dann ist das nicht weg.
00:06:37: Ich finde es immer wieder hilfreich, unser Seelenleben ein bisschen mit unserem Körperleben zu vergleichen.
00:06:44: Und schwere körperliche Verletzungen hinterlassen für gewöhnlich Narben.
00:06:49: Und schwere körperliche Verletzungen heilen, aber manchmal langsam.
00:06:55: Und manchmal ist es so, dass, wenn das Wetter komisch ist oder wir komisch gelegen haben, diese Narben nochmal, ich sage jetzt mal Jucken, oder Schmerzen.
00:07:05: Ja, oder wenn jemand so wie wir heute voll drauf drückt.
00:07:09: So.
00:07:10: Und das ist normal.
00:07:12: Das gehört zum leben irgendwie dazu.
00:07:15: Ja, aber das finde ich einen ganz guten Vergleich, weil wenn man das so sieht, kann man sagen, auf die Frage, wie lang dauert die Trauer, könnte man analog antworten, na ja, solange es eben auch vielleicht dauert, dass eine sehr schwere Wunde heilen würde.
00:07:30: Und das ist kein linearer Prozess.
00:07:33: Manche Menschen denken auch, das geht Tag für Tag.
00:07:37: Ein bisschen besser, das stimmt aber auch nur bedingt.
00:07:40: Tag für Tag ist eine viel zu kurze Zeitspannung, um das zu betrachten.
00:07:43: Und auch die Ideen, die es früher mal gab, dass man ganz bestimmte Phasen nach einer bestimmten Zeit durchläuft, ist heute verworfen.
00:07:51: Ja, finde ich auch wichtig, das nochmal zu betonen.
00:07:54: Keine Ahnung, warum dieses küblerosche Stufenmodell der Trauer auch immer noch in, zumindest bei uns Psychotherapeutinnen wird es immer noch abgefragt in Prüfungen und es steht immer noch im Fragenkatalog.
00:08:06: Dabei ist es komplett überholt.
00:08:09: Das hat vielleicht Leuten geholfen zu verstehen, Ich werde verschiedenste Phasen erleben und ich werde verschiedenste Emotionen in meinem Trauerprozess durchlaufen.
00:08:20: Und irgendwann habe ich das abgeschlossen.
00:08:21: So als bildhafte Vorstellung mag das hilfreich sein.
00:08:25: Aber erstens ist es so nicht und die Phasen folgen auch gar nicht so aufeinander wie Frau Kübler-Ros, das damals postuliert hatte.
00:08:32: Und Leute hatten dann auch manchmal das Gefühl, sie trauern falsch.
00:08:37: Weil sie es einfach überhaupt nicht in dieser Reihenfolge erlebt haben oder weil sie Wut zum Beispiel gar nicht empfunden haben oder so oder weil sie das Gefühl hatten, jetzt bin ich eine Stufe zurückgestolpert.
00:08:48: Ich will jetzt dieses überholte Stufenmodell gar nicht weiter vertiefen an dieser Stelle, aber heutzutage stellt man sich trauer und den ganzen Trauerprozess eher vor wie ein Schwanken zwischen zwei verschiedenen Bewältigungsmodi.
00:09:06: Und der eine Bewältigungsmodus besteht in Verlustorientiertem Bewältigen.
00:09:12: Das heißt, man wendet sich emotional und gedanklich dem Verlust zu.
00:09:17: Also man erinnert sich, man weint vielleicht, man fühlt sich schlecht und man ist vor allen Dingen in diesem Verlust erleben verhaftet.
00:09:27: Und dann gibt es auf der anderen Seite den wiederherstellungsorientierten Modus.
00:09:33: dieses Wiederherstellungsorientierte bezieht sich darauf, dass man Dinge regelt, dass man sich den Alltag neu aufbaut, dass man neue Routinen findet, dass man sich in diesem Leben ohne die Person, die man verloren hat, zurechtfindet.
00:09:48: Und zwischen diesen beiden Modi schwankt man sozusagen hin und her, oder die Autoren sagen auch man oszilliert.
00:09:57: Und das kommt so in Wellen manchmal eher als das, das in irgendeiner Weise ein linear abbildbaren Stufenprozess durchlaufen würde.
00:10:07: Siehst du, Franka, und genau dieses Schwanken, dieses beobachtbar auch starke Schwanken, das tritt zum Beispiel bei einer Depression nicht so oder so stark auf.
00:10:17: Ich sage das, weil es nicht ganz unwichtig ist.
00:10:19: Eine lange Trauerreaktion kann in eine Depression übergehen.
00:10:24: Das erklärt sich schon stoffwechselmäßig im Hirn.
00:10:28: Und manchmal ist es auch so, dass schon eine latent vorhandene oder leicht vorhandene Depression durch den Verlust eines Menschen verstärkt und ausgelöst wird.
00:10:39: Also du bist jetzt im Grunde schon bei der Frage Nummer zwei, die ganz viele Menschen sich stellen, ist meine Trauer eigentlich noch normal?
00:10:49: Oder ist das im Grunde depressiv?
00:10:52: Brauche ich vielleicht Behandlung?
00:10:54: Brauche ich Therapie?
00:10:55: Brauche ich Medikamente?
00:10:57: Und wie unterscheide ich denn, ob das noch sozusagen eine normale Trauerreaktion ist, die ich erlebe, sollte sich das so anfühlen?
00:11:04: Sollte das so schmerzhaft sein?
00:11:05: Oder stimmt jetzt mit mir irgendwas nicht?
00:11:08: Und das ist kein Wunder, denn die Symptome und wie es sich anfühlt, sind durchaus ähnlich bis fast gleich.
00:11:15: Wer stark trauert, hat Schlafstörung, Appetitverlust, kann sich schlechter konzentrieren, hat deswegen das Gefühl von Merkfähigkeitsstörung, hat keine, vernachlässigt manchmal seine Interessen, die er eigentlich hat, hat eine gewisse Zeit, zumindest eine Anhedonie, also die Unfähigkeit, sich zu freuen.
00:11:34: Das sind alle Symptome, die es bei der Depression auch gibt.
00:11:36: Und eine interessante Beobachtung in dem Rahmen ist, Antidepressiva helfen nicht bei Trauer.
00:11:44: Die können depressive Symptome etwas besser machen, bisschen mehr Antrieb geben, zum Beispiel.
00:11:48: Aber gegen Trauer an sich hilft es nicht.
00:11:51: Das finde ich total interessant.
00:11:53: Manchmal glaube ich auch, es hat eventuell damit zu tun, dass zumindest in unserer Kultur mir Tod und Sterben so tabuisiert erscheint und als Thema auch so sehr an den Rand gedrängt und so, wie soll ich sagen, in den privatesten Bereich hineingeschoben, dass vielleicht viele Menschen Wenn dann jemand in ihrem Umfeld stirbt, wirklich auch nicht über besonders viel Erfahrung damit verfügen und auch keine guten Modelle haben, wie gehe ich jetzt damit um oder wie fühlt man sich damit?
00:12:25: und eben auch diese Verwirrung?
00:12:27: Ist das normal?
00:12:29: Sollte das so sein?
00:12:30: Weil das ist jedenfalls, wie gesagt, mein Eindruck und meine Beobachtung, dass wenn in unserer Gesellschaft jemand einen schweren Verlust erlitten hat, der das bitte mit sich selbst ausmachen soll.
00:12:41: und auch relativ schnell wieder funktionieren soll.
00:12:45: Ich habe das Gefühl, wir haben keine besonders ausgeprägte Trauerkultur und wenig Raum für dieses Thema.
00:12:52: Das ist in anderen Kulturen sicherlich ganz anders, aber vielleicht kommt es daher auch zustande, dass viele Menschen diese furchtbaren Gefühle, die Trauer ja eben mit sich bringt, wirklich auch überfordern finden und auch das Gefühl haben, Das kann ja wohl nicht sein, dass das noch normal ist.
00:13:11: Ja, das ist jetzt nicht besonders schuldhaft für irgendjemanden, denke ich.
00:13:16: Hat ein bisschen was mit der Wandlung unserer Gesellschaft zu tun.
00:13:20: Auch mit guten Anteilen.
00:13:21: Früher wurde mehr gestorben.
00:13:23: Es gab viel mehr Kinder.
00:13:25: Da waren zehn Kinder in einer Familie relativ normal.
00:13:29: Von denen haben vielleicht die Hälfte überhaupt das Erwachsenenalter erreicht.
00:13:33: Menschen sind nicht so alt geworden.
00:13:35: Der Tod war sehr in der Familie.
00:13:37: Nicht jeder, der gestorben ist, ist in ein Krankenhaus oder was Ähnliches gekommen.
00:13:41: Es wurde zu Hause gestorben.
00:13:42: Und auch durch Religion, durch die Kirche, gab es viele Rituale, an denen sehr viele Leute teilgenommen haben.
00:13:49: Das gibt es jetzt nicht mehr so.
00:13:51: Genau.
00:13:52: Und jeder steht irgendwie allein da mit seinem schrecklichen Verlust oder jedenfalls in einem kleineren Kreis.
00:13:58: Und dann ist ja klar, dass so Fragen aufkommen.
00:14:00: So, ist das das das?
00:14:02: Das soll eine normale Erfahrung sein, obwohl ich das Gefühl habe, es zerreißt mich oder ich bin wie eingefroren oder ich kann so auf keinen Fall selber weiterleben.
00:14:11: Also diese unfassbar schmerzhaften Gefühle als Teil von Normalität zu akzeptieren, ist schwer.
00:14:19: Es ist ja auch nicht alltäglich normal.
00:14:21: Wenn ein geliebter Mensch stirbt, dann kann man, und du weißt nicht, ich mache das immer gerne, den Kopf das Gehirn scannen und gucken, wo es leuchtet.
00:14:29: Und es leuchtet... dort, wo normalerweise körperliche Schmerzen entstehen.
00:14:34: Das heißt, das Gefühl von auch körperlichem Schmerz ist bei der starken Trauer vorhanden.
00:14:39: Und es fühlt sich ja häufig auch so an, als würdest du amputiert werden.
00:14:43: Ein Teil von dir ist ab.
00:14:47: Und so wie das Schmerzen bereiten würde, macht auch der Verlust eines Menschen Schmerzen.
00:14:52: Also insofern kann man sagen, diese starken Emotionen, die man fühlt, sind einfach das Zeichen für die Bindung, die man hatte.
00:15:00: und nicht ein Zeichen für Krankheit.
00:15:02: Es sei denn, man kommt wirklich über ein halbes oder sogar ein Jahr überhaupt nicht mehr daraus.
00:15:09: Wenn man empirischen Erhebungen zu Trauer- und Traubewältigung folgt, dann stellt sich dort dar, dass etwa sechzig Prozent der Menschen, die trauern, keine weitere Hilfe benötigen und mit der Trauer selbst gut klarkommen.
00:15:22: Dreißig Prozent haben es schwerer, deutlich schwerer.
00:15:27: stärker eingeschränkt davon, den geht es sehr schlecht.
00:15:30: Zehn Prozent, die übrigen zehn Prozent, da ist in der Literatur etwas unterschiedlich, sechs bis zehn Prozent, die erleben eine prolongierte Trauerreaktion.
00:15:39: Das bedeutet, dass sie über eine, man muss auch schauen, individuell und kulturell angemessene Trauerzeit keine richtige Besserung zeigen.
00:15:46: Sie sind in Sehnsucht verhaftet, sie sind in ihrer Funktion eingeschränkt.
00:15:51: Das heißt, die Symptome, die wir vorhin hatten, die in der Depression sehr ähneln, Freudlosigkeit, Antriebsstörungen, vielleicht sogar selber Gedanken an den eigenen Toten nicht mehr leben zu wollen, die hören nicht auf.
00:16:04: Und das sage ich jetzt schon mal spätestens.
00:16:05: Das ist der Punkt, wo man sowohl als Betroffene als auch Angehörige Hilfe suchen muss.
00:16:11: Und jetzt bitte nicht glauben, das würde nichts bringen, weil man sich auch schon an den langen Zustand gewöhnt hat, sondern da gibt es sehr gute Untersuchungen, welche Art von Psychotherapie und jetzt Psychotherapie nicht Medikamente tatsächlich da helfen.
00:16:25: Um es nicht zu kompliziert zu machen, mache ich in die Show Notes einen Link zu den Studien zu diesen spezifischen Trauertherapien.
00:16:32: Jetzt haben wir die ganze Zeit über Trauer gesprochen.
00:16:35: Das ist ein sehr allgemeiner Begriff irgendwie so eine Art Regenschirm.
00:16:39: Begriff, unter dem sich ja im Grunde viele Emotionen versammeln, aber ich würde gerne mal zur dritten Frage kommen.
00:16:45: Nämlich viele Menschen erleben ihren Gefühlszustand in Wirklichkeit ja stark schwankend.
00:16:51: Also sie erleben ja nicht nur Traurigkeit, sondern manchmal auch Leere, Taubheit, ein inneres Eingefrorensein oder auch das Gefühl von Schuld und Schuldgefühlen.
00:17:02: Vielleicht, weil sie das Gefühl haben, ich war nicht genug da oder wir hätten noch was besprechen müssen, wir haben was versäumt, ich hätte mich anders verhalten müssen.
00:17:11: Manchmal auch die Schuld, warum bin ich noch am Leben?
00:17:14: Also das kann ja ganz viele Facetten haben.
00:17:17: Dann gibt es natürlich Gefühle von Sehnsucht, aber auch wiederum Gefühle von Erleichterung.
00:17:23: Zum Beispiel wenn dem Tod eine längere Pflegesituation vorangegangen ist, die für einen selbst auch belastend war.
00:17:30: Und dann fragt man sich wiederum, darf ich das so empfinden?
00:17:33: Und dann kommt Charme mit ins Spiel.
00:17:35: Warum denke ich so was?
00:17:36: Und so weiter.
00:17:37: Also es ist superkomplex, was man im Rahmen von Verlust und Trauer alles fühlen kann.
00:17:44: Und Menschen fragen sich, ist das normal?
00:17:47: Ja, das ist normal.
00:17:48: Und im Grunde kann man auch in allen diesen Gefühlswahlungen einen Sinn erkennen, wenn man will.
00:17:53: Ich will nicht so sehr in die Tiefe gehen, aber neurobiologisch gibt es zwei interessante Dinge.
00:17:57: Zum einen geht die Oxytocinausschüttung zurück, was automatisch mit unangenehmen Gefühlen verbunden ist.
00:18:04: Das lässt sich leicht erklären, dadurch dass Oxytocin per se unser Kuschel, unser liebes Hormon gute Gefühle bereitet und das fehlen logischerweise wie eine Lücke hinterlässt und fühlt sich schlecht an.
00:18:15: Zum anderen gibt es noch ein Phänomen, das gar nicht mal so ungefährlich ist.
00:18:20: Und zwar wird vor allem im Verlauf der Trauerphasen bei dem Gedanken an den Verlorenen unser Belohnungssystem aktiv.
00:18:30: Und das führt manchmal dazu, dass über die Dauer der Zeit, wie immer wieder daran denken wollen, auch das Denken an den Verlust, an den Verstorbenen, kann ein bisschen süchtig machen.
00:18:41: Und so bleibt man manchmal auch ein Grund dafür zu lange in der Trauer.
00:18:46: Dass wir Wut empfinden, ist kein Wunder, weil es aus der Frustration erwächst, dass wir Dinge nicht mehr haben.
00:18:51: Und theoretisch wäre es auch möglich, dass diese Wut so evolutionsbiologisch dazu dient, weitere Verluste zu verhindern und zu kämpfen.
00:19:01: Und die Schuldfrage, die fast jedem trauernden durch den Kopf geht, ist meine Erfahrung nach auch recht universell und für gewöhnlich daneben.
00:19:11: Also für gewöhnlich gibt es keine Schuld.
00:19:13: Und trotzdem fühlen sich viele Trauerende schuldig.
00:19:16: Es ist auch so ein bisschen Idee vom Gehirn, ein Stück weit Handlungsmacht zurück zu gewinnen, weil der Tod eines geliebten Menschen uns ja ohnmächtig trifft für gewöhnlich.
00:19:28: Und wenn wir das Gefühl haben, wir hätten Schuld an was, dann bedeutet es, dass wir doch hätten Kontrolle wenigstens haben können.
00:19:35: Und so haben wir nicht so sehr das Gefühl von Kontrollverlust und reinem Fallen.
00:19:39: Du meinst also innerpsychisch ist das Schuldgefühl möglicherweise auch so eine Art Lösung, keine, die sich gut anfühlt, aber lieber fühle ich mich schuldig als ohnmächtig?
00:19:51: Ja.
00:19:52: Okay, also wir haben jetzt schon mal so ein bisschen versucht zu erklären, was passiert denn überhaupt mit mir, wenn ich trauere.
00:19:59: und darüber hinaus geht es ja dann vor allen Dingen auch darum, wie kann ich jetzt meinen Alltag bestreiten?
00:20:06: Wie kann ich überhaupt weiter funktionieren.
00:20:09: Wie kann ich mit diesem Verlust erleben, weiter leben sozusagen?
00:20:16: Und da kann man ganz klar festhalten, dass es keine allgemeingültigen Empfehlungen gibt.
00:20:22: Es gibt nicht den richtigen Weg, sondern es gibt nur den eigenen Weg.
00:20:27: Und wir können an dieser Stelle nur ein paar Impulse geben, aber letztlich, wie man selber sein Alltag neu bestreitet, das muss natürlich jeder Mensch für sich selber ein bisschen herausfinden.
00:20:40: Wenn die Trauer sehr stark ist, wird man ganz am Anfang sowieso kaum irgendwie einer Regel folgen können.
00:20:47: Aber nach einer gewissen Zeit sollte man vielleicht auf Basics achten, oder?
00:20:51: Ja, also das ist so ein bisschen ein Motto und etwas, was ich auch in sehr viele Therapiesitzungen mit hineingenommen habe, dass man in der größten Krise erst mal nur auf Bedürfnisse achtet.
00:21:05: und Anforderungen außen vorlässt.
00:21:08: Und was ich damit meine, ist, dass es schon anstrengend genug sein kann, wenn es einem selber sehr schlecht geht, so basale Grundbedürfnisse zu erfüllen, also zum Beispiel was zu essen, genug zu trinken, sich anzuziehen, ein bisschen frische Luft zu schnappen.
00:21:23: Das sind alles Bedürfnisse.
00:21:25: Darum sollte man sich zumindest rudimentär kümmern.
00:21:29: Das hat Zum einen auch den Grund, dass man zum Beispiel, wenn man unter starkem emotionalen Stress steht, auch selber zum Beispiel Krankheitsanfälliger ist.
00:21:37: Also sich rudimentär, um sich weiterhin zu kümmern und Bedürfnisse, ist eine gute Idee.
00:21:43: Mit Anforderungen meine ich alles, was so von außen kommt.
00:21:46: Also was, was man für andere jetzt tun sollte.
00:21:49: Oder im Zweifelsfall auch Job oder so.
00:21:52: Wichtiger.
00:21:53: ist für die mentale Gesundheit nach meinem dafür halten, dass man die Ressourcen, die man hat, jetzt erstmal zusammenkratzt für die eigenen Bedürfnisse, bevor man sich wieder um Anforderungen und externe Anliegen kümmern kann.
00:22:05: Aber man beobachtung nach neigen Menschen dazu, das umgekehrt zu machen.
00:22:09: Also selbst in der Trauerraubbau an sich selbst zu betreiben, um nach außen hin intakt zu wirken.
00:22:16: Wenn das der Grund ist, dass man nach außen hin intakt wirken will.
00:22:20: oder da noch andere Anforderungen sieht, dann ist es vielleicht falsch.
00:22:24: Es kann aber sein, dass genau diese Anforderungen, wenn du zum Beispiel Danny bist, der sich mit dem Beelgungsinstitut auseinandersetzen muss und so weiter, dass genau diese strukturellen Anforderungen, die ein bisschen gut tun.
00:22:37: Weil dir das halt gibt, etwas zu tun oder deinen Kopf mit solchen Dingen zu beschäftigen.
00:22:41: Genau,
00:22:42: das ist der erste Anfang des Oszilliens zwischen den normalen Dingen.
00:22:45: Das
00:22:45: stimmt.
00:22:46: Ja, also was du sagst ist, dass alles, was so in Richtung Wiederherstellung geht, also Wiederherstellung eines Alltags und so weiter, auch zur Bewältigung gehört.
00:22:56: Also das stimmt schon.
00:22:57: Aber trotzdem wäre aus meiner Sicht wichtig, dass man neben dem Ganzen irgendwas tun und regeln, nicht vergisst auch mal was zu essen oder dass man auch schlafen muss oder die Zähne zu putzen oder sowas.
00:23:10: Oder, ich sage es ganz ehrlich, eine Einladung nicht abschlägt.
00:23:14: Nicht unbedingt zu einer großen Feier und zu einer Party, wo alles fröhlich ist, aber eine Einladung zum Spazieren gehen oder eine Einladung gemeinsam was zu essen.
00:23:22: Zumindest erstmal Zusagen.
00:23:24: Rudimentäre soziale Kontakte, rudimentär genug Schlaf, genug Essen, genug Sonne und frische Luft.
00:23:30: Das wäre durchaus unser Rat, da kann man sich ruhig ein bisschen zu zwingen.
00:23:35: Ist das okay, das sozusagen?
00:23:37: Ja, wahrscheinlich schon.
00:23:38: Also letztlich geht es ja darum, dass man sich jetzt nicht einer vollständigen Reizüberflutung aussetzt, aber auch auf der anderen Seite nicht alles vermeidet und einfach am Leben nicht mithallen nimmt.
00:23:50: Das ist ja eben genau das Angebot von diesem Modell, das Trauer finde ich ganz gut erklärt, dass man eben pendelt zwischen dem Spüren des Verlustes, aber auch dem Wiederaufbauen des eigenen Lebens und dass man in beide Richtungen mal pendelt und nicht in einem Verhard.
00:24:09: Ja, was außerdem helfen kann, also abgesehen von dieser Pendelbewegung sind Rituale tatsächlich.
00:24:16: Also nicht umsonst gibt es das ja auch in allen Kulturen, dass dem Tod und auch dem Gedenken von verstorbenen Menschen Rituale gewidmet sind und spezielle Tage gewidmet sind, spezielle Orte gewidmet sind und so weiter.
00:24:32: Und diese Rituale wirklich auch zu durchleben oder welche für sich auch erstmal zu entdecken, kann auch das Gefühl von Kontrolle wieder zurückgeben.
00:24:42: Auch übrigens bei nicht religiösen Menschen, also man kann auch abseits von kirchlichen oder glaubensbezogenen Ritualen ja eigene Rituale finden, um sich mit der verstorbenen Person verbunden zu fühlen oder um Wertschätzung auszudrücken oder um einen Ort zu haben, wo man sich an gemeinsame Zeiten erinnert und so weiter.
00:25:02: Soll ich dir mal sagen, was ich für das beeindruckendste Ritual halte, was so ganz gesellschaftlich vorkommt sogar.
00:25:09: Leider nicht bei uns.
00:25:10: Was denn?
00:25:11: Dia de los Muertos.
00:25:13: Also der Tag der Toten, der in Mexiko gefeiert wird am Vorabend von was bei uns alle heiligen ist.
00:25:18: Und dort wird richtig zelebriert im Sinne von wirklich gefeiert mit Musik und laut und das Leben gefeiert.
00:25:26: Und der Kontext, in dem Tod gesehen wird, wird verändert.
00:25:33: Und wie ich glaube, auf eine sehr hilfreiche Art und Weise.
00:25:36: Und dort lernen es auch schon die Kinder.
00:25:38: Und das ist etwas, was ich glaube zumindest für eine längere Dauer von Trauer hilfreich sein kann.
00:25:44: Und wir sehen, dass das manchmal propagierte, ich muss loslassen, nicht zutrifft.
00:25:52: sondern ist eher eine Verbindung zu halten.
00:25:55: Eine andere Art.
00:25:57: Aber ganz loslassen, wie das früher mal so hieß, das müsste man, scheint nicht so zu sein.
00:26:02: Ja, interessant.
00:26:03: Da hat sich so ein bisschen auch in der Fachwelt eine Veränderung im Verständnis von Trauer ergeben.
00:26:08: Nämlich genau, wie du sagst.
00:26:09: Also behalt ruhig das T-Shirt, in dem noch der Geruch hängt.
00:26:14: Leg dir ein Fotoalbum an, das du dir durchschaust oder ... Hör eure Playlist, wenn du kannst.
00:26:21: Und diese Art von Ritualen, aber auch bewusst lebhafter Erinnerung hilft halt dabei, die Bindung an die Person aufrechtzuerhalten, selbst wenn die Person an sich nicht mehr da ist.
00:26:34: Und das ist nur in dem Fall problematisch, wo es zu einer pathologischen Trauer wird.
00:26:39: Also wenn du siehst, dass dir das Bild direkt im Eingangsbereich deiner Wohnung von dem oder der Verstorbenen nicht gut tut, weil es dich jedes Mal wieder zurückzieht und runterzieht, obwohl du eigentlich schon mit einem guten Gefühl nach Hause gekommen bist, dann ist es zu stark.
00:26:56: Das musst du da nicht haben.
00:26:59: Lieber ritualisiert immer mal rausholen oder nach Bedürfnis rausholen.
00:27:03: Ja, das ist auch eine Frage.
00:27:05: Also wie gehe ich denn mit Jahrestagen um oder mit Dingen, die mich erinnern oder jetzt auch mit Weihnachten zum Beispiel, dass vor der Tür steht.
00:27:14: Es ist ja absehbar, dass immer wieder bestimmte Zeiten im Jahr bestimmte Termine oder bestimmte Begebenheiten einen da so rein stürzen werden.
00:27:23: Und manchmal scheint mir das so zu sein, dass Menschen da so unvorbereitet rein stolpern und dann von sich selbst erschrocken sind, wie doll der Schmerz dann auch noch mal da sein kann.
00:27:37: Also ich würde auf jeden Fall dafür plädieren, diese Tage mit ein bisschen Bewusstheit vorzubereiten und sich wirklich zu überlegen, bewusst zu überlegen, wie möchte ich den Tag verbringen?
00:27:48: Möchte ich den allein verbringen?
00:27:49: Möchte ich Gesellschaft haben?
00:27:51: Möchte ich unser Lieblingsessen kochen?
00:27:54: Möchte ich an dem Tag eine Spende an die Krebsforschung machen jedes Jahr zum Jahrestag, also dass man da irgendwas sich vornimmt?
00:28:03: und nicht so reinschlittert.
00:28:05: Sozusagen, dass man Dinge hat, an denen man sich festhalten kann und nicht haltlos möglicherweise überwältigt wird.
00:28:13: Genau.
00:28:14: Ja, finde ich ganz gut.
00:28:16: Und weil wir ja wissen, das zeigt sich übrigens auch in der Klinik, meinem persönlichen Eindruck nach, dass in der Vorweihnachtszeit Aufnahmezahlen steigen, weil Menschen durchaus durch ihre vorhergehende Verlusterfahrung in der Vorweihnachtszeit trauriger werden.
00:28:32: Ja.
00:28:32: Darf ich mir für solche Art Feste denn auch, ich sag's mal so, gestatten mit fröhlich zu sein?
00:28:38: Naja, ich finde, du solltest vielleicht sogar, also abgesehen davon, dass ich niemals irgendwelche Emotionsgebote oder Verbote aussprechen würde und von dürfen, da ja sowieso eigentlich keine Rede ist, aber ich weiß, dass viele Betroffene sich die Frage stellen, darf ich lachen, aber auch... Ab einem gewissen Punkt darf ich immer noch weinen.
00:28:58: Darf ich das so und so machen, wie sich das jetzt gerade für mich anfühlt?
00:29:01: und da muss man ganz klar sagen, da gibt es keine Gebote oder Verbote.
00:29:06: Und ja, na klar, darf man auch lachen.
00:29:09: Das passiert ja übrigens automatisch und sowieso.
00:29:12: Ich kann mich noch an unsere letzte Beerdigung erinnern und die ist noch nicht lange her und es ist ja einfach Fakt, dass gerade zu so traurigen Anlässen auch Menschen zusammenkommen, zum Beispiel, die man lange nicht gesehen hat.
00:29:25: Und dann kommt manchmal eine lustige Stimmung auf.
00:29:28: Und man fühlt Verbundenheit.
00:29:30: Und man genießt das miteinander.
00:29:31: Und dann schnappt wieder so ein schlechtes Gewissen zu.
00:29:34: Und das, finde ich, muss man an der Stelle gar nicht haben.
00:29:37: Manchen Menschen hilft der Gedanke, was würde die verstorbene Person sich denn wünschen?
00:29:42: für mich?
00:29:43: Aber das begegnet uns ja auch in Therapiegespräch immer wieder, dass Menschen sich schuldig fühlen oder schlecht fühlen nach einem Verlust, weil es ihnen gut geht oder sie fröhlich sind.
00:29:54: Oder was ich eben schon sagte, manchmal sogar auch erleichtert.
00:29:57: Und da muss man ganz klar sagen, diese sehr ambivalenten Gefühle sind normal.
00:30:04: Also eine Bindung zu einer Person ist ja nie nur ein Gefühl.
00:30:07: Wir haben ja nie ein, weiß ich nicht, reines Liebesgefühl, sondern das sind ja immer ganz, ganz viele Facetten.
00:30:16: die zwei Menschen aneinander binden.
00:30:18: Und je nachdem, wie man zueinander stand oder wie kompliziert auch die gemeinsame Geschichte war, was man miteinander erlebt hat und so weiter, gibt es da eben ganz, ganz viele Gefühle, die mit reinspielen und die auch mit reinspielen dürfen.
00:30:31: Und all das ist kein Verrat an der verstorbenen Person, sondern vielleicht eher ein Signal für einen, wie soll ich sagen, vitales, flexibles Nervensystem, das auf verschiedenes reagiert, jetzt gerade, was sich in meinem Inneren abspielt.
00:30:48: Ja, und das ist ein Hinweis auf die Komplexität unseres Seins, wenn man so will.
00:30:55: Du kannst in der größten Liebesbeziehung sein, wenn du als Paar lebst, bist du trotzdem ein wenig unfreier, als wenn du alleine bist, weil du jede Entscheidung immer mitdenkst mit dem anderen zum Beispiel.
00:31:08: Ist der andere weg?
00:31:09: Bist du freier?
00:31:11: Jetzt kann dieses Gefühl natürlich sich auch mal Bahn brechen.
00:31:13: Du kannst dich auf einmal freier fühlen, ohne dich deswegen schuldig fühlen zu müssen.
00:31:16: Das ist nur der Teil davon.
00:31:18: Genau.
00:31:19: Und das ist der Punkt, also auch die Frage, ich fühle so viel, also eben auch Wut oder Schuld oder sogar Erleichterung.
00:31:26: Darf ich das und ist das normal, ist die Antwort ganz klar.
00:31:30: Ja.
00:31:30: Du hast es am Anfang schon mal gesagt.
00:31:32: Manchmal gibt es ja eine gewisse Verunsicherung nicht nur bei den Trauern, sondern auch im erweiterten sozialen Kreis, wie man mit Trauer umgehen soll.
00:31:42: Und da haben wir schon interessante, sagen wir mal, unangenehme Nachrichten manchmal bekommen.
00:31:47: Ja, oder auch in der Praxis.
00:31:48: Also es ist schon so, dass da eine große Verunsicherung herrscht auf allen Seiten.
00:31:54: Also zum einen die Betroffenen selbst.
00:31:56: Manche möchten gerne auf ihre Trauer angesprochen werden, die möchten gerne über die verstorbene Person sprechen, die möchten gerne, dass ihre Trauer Raum haben soll.
00:32:04: Und andere möchten das gar nicht.
00:32:06: Die finden das eher pietätlos oder übergriffig, wenn jemand sie direkt auf ihren Verlust anspricht.
00:32:13: Das ist manchmal schwer zu wissen.
00:32:15: Also, da unterscheiden sich sowohl die trauernden Menschen als auch das Umfeld.
00:32:20: Manche sind da eher so ein bisschen offensiver.
00:32:23: Manche sind aber auch komplett verunsichert und wissen gar nicht, wie sie mit dir als trauernder Person umgehen müssen.
00:32:29: Oder was du dir wünschst.
00:32:30: Und ... Da muss man auch sagen, es gibt da im Grunde keine allgemeingültigen Tipps außer vielleicht dem, du als trauernde Person kannst vielleicht idealerweise sagen.
00:32:42: was du dir wünschst.
00:32:44: Wenn du es weißt.
00:32:44: Wenn du es weißt.
00:32:45: Ja, genau.
00:32:46: Aber das ist eben total schwierig.
00:32:48: Und manchmal bekommen wir ja, wie du schon gesagt hast, auch so erschreckende Nachrichten.
00:32:51: Uns hat kürzlich erst wieder eine Frau geschrieben, das nach so einem ganz unfassbar kurzen Zeitraum, sowas wie drei Wochen oder so, nach dem Verlust einer nahestehenden Person das Umfeld schon meinte, so, na ja, jetzt kannst du mal langsam wieder beikommen.
00:33:03: Jetzt müsste es doch auch schon wieder gehen.
00:33:05: Also manchmal gibt es da einfach auch ein ganz großes Unverständnis.
00:33:10: Und Da muss man dann neben der eigenen Trauer manchmal sogar auch ein bisschen für sich einstehen und sagen, ich brauche so lange ich brauche.
00:33:16: Und das ist jetzt so.
00:33:18: Meine Trauer ist nicht vorbei nur, weil ein Zeitraum jetzt vergangen ist von ein paar Wochen.
00:33:23: Oder?
00:33:24: Weil die Person alt war.
00:33:25: Ja, so mein Gott hat doch ein schönes Leben gehabt.
00:33:28: Ja und?
00:33:29: So, ne?
00:33:30: Ja, häufig ist es ja so, dass wenn jemand verstirbt, der sehr alt geworden ist und das als Betroffene leichter fällt.
00:33:40: Manchmal aber nicht.
00:33:42: Manchmal ist es trotzdem der Verlust von Mama oder Papa.
00:33:44: Und egal, ob die Hundert geworden sind, die Liebe war groß.
00:33:48: Der Verlust kann trotzdem übrigens überraschend kommen.
00:33:50: Ja, stimmt auch.
00:33:52: Und er zählt nicht die Objektivität, sondern er zählt nur das subjektive Empfinden.
00:33:55: Und zu erwarten, dass jemand weniger hart, weniger schwer trauert.
00:34:01: Nur weil die Person, die verstorben ist, alt war, ist ein Irrglaube.
00:34:05: Das ist übrigens wichtig, was du ansprichst.
00:34:06: Es gibt ja so Trauerfälle, wo die Betroffenen sich regelrecht entrechtet fühlen zu trauern.
00:34:13: Das hat sogar einen Begriff in der Forschung, das heißt Disenfranchised Grief.
00:34:17: Das sind, sagen wir mal, ein bisschen kompliziertere Trauerfälle, zum Beispiel, wenn du eine Fehlgeburt hattest oder eine Stille geburt.
00:34:26: Und dein Umfeld dir quasi wie absprich jetzt Traurig zu sein, denn zu diesem verstorbenen Kind kannst du ja noch keine besonders lange Beziehung gehabt haben.
00:34:39: Was solche Aussagen kommen dann?
00:34:41: Oder was ist, wenn dein Ex-Partner oder deine Ex-Partnerin stirbt?
00:34:45: Ihr wart kein Paar mehr, aber darfst du trauern oder darfst du nicht trauern?
00:34:49: Oder was ihr in unserem Podcast über Freundschaften schon mal hatten, bester Freund oder Freundin oder guter Freund oder Freundin stirbt?
00:34:55: Ja, absolut.
00:34:56: Oder auch mit Suiziden innerhalb von Familien wird manchmal gesellschaftlich gesehen, ist ganz komisch umgegangen.
00:35:02: Und das empfinden viele Betroffene hinterbliebene als so eine Art sekundären Schmerz.
00:35:08: Also nicht nur empfinden sie große Trauer, sondern dadurch, dass ihnen das auch noch... abgesprochen wird zu trauern oder dafür kein Platz da ist, empfinden sie dann auch noch manchmal Einsamkeit mit ihrer Situation, manchmal Scham und manchmal ziehen sie sich dann auch vollständig zurück.
00:35:25: Also das gibt es auch und da möchte ich wirklich zu motivieren, wenn du als Zuhörerin oder Zuhörer möglicherweise gerade auch so ein speziell gelagerten Fall hast.
00:35:36: dann such idealerweise menschen die in einer ganz ähnlichen situation sind also gar nicht so eine allgemeine trauergruppe vielleicht.
00:35:43: das hilft übrigens nachgewiesener maßen auch nicht so besonders gut
00:35:47: wenn man so eine spezielle trauer hat meinst du ja genau sondern wirklich dann gegebenenfalls lieber speziell eine gruppe für eltern von sterbenkindern zum beispiel.
00:35:59: ja
00:35:59: also dann lieber schauen dass man menschen findet die genau so eine spezielle Trauersituationen durchleben.
00:36:06: Und dann gibt es aber schon vielleicht so ein paar allgemeine Hinweise, was man als Angehöriger oder Freund oder Freundin von einer trauernden Person machen kann.
00:36:16: Und da sage ich Nummer eins ist Präsenz.
00:36:18: Nur da sein.
00:36:21: Man sollte sich gar nicht verpflichtet fühlen, irgendwas zu sagen, irgendwann einen Trost zu spenden mit Worten, sondern setz dich daneben und sei einfach da.
00:36:31: Das Gespräch hatte ich neulich noch.
00:36:33: dass eine Person so stark versucht hat, die trauernde Person aufzumuntern.
00:36:38: Und das kann eine Überforderung für beide sein, weil du kannst als nebenstehende Person nicht eine Person aus ihrer Trauer herausholen durch Aufmunterung oder dadurch, dass du lustig bist.
00:36:50: Das ist für dich eine unmögliche Aufgabe.
00:36:54: Das musst du dir nicht zumuten, aber es kann auch für die traurende Person echt schwierig sein, weil sie dann in so eine emotionale Britulie kommt und bemerkt, oh Gott, alle geben sich so viel Mühe.
00:37:04: Alle wollen, dass es mir besser geht und ich komme dem nicht nach.
00:37:07: Und dann kommen sie emotional so unter Druck und haben vielleicht dann dadurch noch mehr das Gefühl.
00:37:12: Ich bin eine Belastung jetzt für alle anderen.
00:37:14: Ich ziehe mich mal lieber zurück.
00:37:15: Was
00:37:15: wiederum in manchen Fällen zu so eine Art Aggression führen kann.
00:37:18: Und dann hört man, lass mich in Ruhe.
00:37:20: Ja, ja, ja, genau.
00:37:21: Also aufmunternd ist nicht das Ding, sondern da sein.
00:37:24: Ganz besonders würde ich floskeln, vermeiden, sowas wie, naja, die Zeit heilt alle Wunden.
00:37:31: Ja, weglassen.
00:37:32: Wenn man unbedingt sowas sagen will, dann allerhöchstens als Frage formulieren.
00:37:38: Glaubst du, das war mal für mich mal sehr hilfreich?
00:37:40: Mein Bruder hat mich gefragt.
00:37:41: Glaubst du, das bleibt jetzt immer so?
00:37:43: Ja, okay, verstehe.
00:37:44: Dann konnte ich selber überlegen, sagen, nee, wahrscheinlich nicht.
00:37:46: Das war hilfreich.
00:37:48: Und auch nicht sagen, oh, er, sie, ist jetzt an einem besseren Ort.
00:37:51: Wenn überhaupt dann frag, was denkst du?
00:37:54: Glaubst du daran, dass die Person... Ja?
00:37:56: Ja, genau.
00:37:57: Ich glaube, all diese Sätze, die entspringen ja auch einer Hilflosigkeit im Umfeld, weil man selber... erschrocken ist, weil man gar nicht so richtig weiß, wie kann man dieser riesigen Trauer begegnen?
00:38:08: Was kann man jetzt wertschätzenderweise sagen?
00:38:10: Und dann purzeln einem manchmal so ein bisschen unbedachte Dinge aus dem Mund.
00:38:13: Ganz viele Menschen sind auch sehr schnell dabei, direkt von neu anfangen zu reden, anstatt erst mal das Ende zu würdigen.
00:38:20: Das ist alles nicht boshaft oder so.
00:38:23: sondern entspringt eben häufig in einer gewissen Ungelenkigkeit, also einer Ungeübtheit vielleicht auch mit solchen Situationen.
00:38:30: Es ist bestimmt nicht böse gemeint, aber ich würde auch eher so floskelhafte Sachen lassen.
00:38:35: Da
00:38:36: Trauer, wie wir gerade gehört haben, zwischen sechs und zwölf Monaten normal lang ist, ist es auch für Angehörige und Freunde eine gute Idee dieses, ich bin für dich da, was es geben sollte, immer wieder mal zu aktualisieren, ohne eine Forderung zu stellen.
00:38:51: Aber Weiß ich nicht, du hast jetzt vier Wochen nichts mehr gehört von dem Trauerenden, der SMS mit den Worten.
00:38:57: Ich habe gerade nicht gedacht, ich bin immer für dich da, ohne irgendeine Anforderungen zu stellen, ist hilfreich.
00:39:02: Ja, über die Dauer der Zeit, denn die Trauer ist ja nicht mit der Beerdigung rum.
00:39:05: Manchmal kann es auch hilfreich sein, die Unterstützung sehr konkret zu machen.
00:39:09: Soll ich dir was einkaufen?
00:39:10: Soll ich dir was kochen?
00:39:11: Brauchst du was solchen Amtsgang für dich erledigen oder sowas ganz konkret anbieten, damit jemand, der tatsächlich nicht kann, einfach nur mal Ja sagen muss.
00:39:19: Und das gilt immer für helfende Menschen, Wenn man jemanden sehr intensiv in seiner Trauer und Trauer Arbeit begleitet, aufpassen, dass man selber nicht mit reinrutscht.
00:39:31: Man kann nur hilfreich sein, wenn man selber einigermaßen stabil ist.
00:39:35: Eine Frage, die auch mich persönlich eine Zeit lang umgetrieben hat, ist die Frage nach dem Sinn und auch, wie ich für mich wie der Lebensinn finden kann.
00:39:46: Ich
00:39:46: glaube, wenn dir Dänike, den du verloren hast, sehr nah stand, ändert sich deine Identität.
00:39:53: Es gab eine Wir-Identität und die gibt es nicht mehr.
00:39:57: Und ich sage das immer wieder, das ist etwas, was Menschen sehr schlecht aushalten, Identitätsverlust oder Identitätsschift, wenn wir nicht mehr sind, wer wir sind oder glauben zu sein.
00:40:07: Dann haben wir fast immer ein psychisches Problem.
00:40:10: Dann bekommen wir immer ein psychisches Problem.
00:40:12: Und es dauert einfach eine gewisse Zeit, bis die innerliche gefühlte Identität sich wieder der Realität kongruent einigermaßen deckungsgleich angenehrt hat.
00:40:22: Für gewöhnlich passiert das durchaus von alleine.
00:40:25: Ja, und ich glaube auch an dem Punkt hat mir persönlich die Frage geholfen, was die verstorbene Person sich denn für mich gewünscht hätte.
00:40:36: Also ich habe viel Frieden sozusagen in dieser Frage gefunden, weil ich wusste, dass sie mir ja das allerbeste gewünscht hätte und auch ein erfülltes Leben und auch ein fröhliches Leben und auch Bindungen, Beziehungen, gute Aufgaben, wertvolle Kontakte.
00:40:52: und man kann das alles nicht sofort fühlen.
00:40:55: Also am Anfang insbesondere ist ja da oft Schock und Lehre und auch wirklich das Gefühl, gar keinen Sinn zu sehen, nicht in dem Verlust, in dem Tod.
00:41:06: Und dadurch manchmal aber auch nicht im eigenen Leben.
00:41:08: Und ich persönlich habe da schon Zeit gebraucht, mich überhaupt wieder zu finden, meine Werte zu erkennen, zu fühlen, womit ich jetzt mein Leben verbringen möchte und so weiter.
00:41:19: Das braucht echt Zeit.
00:41:20: Und in gewisser Weise ist es jetzt in der Rückschau, also wirklich jetzt mit vielen Jahren Abstand, dieser Art von Rückschau kann ich auch sagen, dass mich diese Erfahrung verändert hat.
00:41:32: und ich nicht die Person wäre, die ich heute bin, ohne diesen Verlust.
00:41:37: Und das ist manchmal ein bisschen heikel zu sagen, weil natürlich hätte ich mir, hätte ich die Wahl gehabt, mir natürlich niemals ausgesucht, dass diese Person verstirbt.
00:41:46: Wieso ich das jetzt ausdrücken, ohne dass es vielleicht seltsam klingt?
00:41:50: Aber dass es nun mal passiert ist, hat mich auch geprägt und zwar nicht nur zum Schlechten.
00:41:57: Und ich glaube, meine ganze Berufswahl hat damit zu tun.
00:42:00: Viele Entscheidungen in meinem Leben.
00:42:02: Fussen auf diesen Verlustereignis.
00:42:05: Und ich finde immer diese Vokabel vom sogenannten posttraumatischen Wachstum ein bisschen überspreizt.
00:42:12: Ich finde, dass die häufig auch viel zu früh den trauernden oder traumatisierten Menschen um die Ohren geworfen wird, so nach dem Motto, es habe dich stärker gemacht.
00:42:22: Das will man in bestimmten Stadien der Trauer absolut nicht hören und kann es auch absolut nicht teilen.
00:42:27: ist manchmal auch noch nicht so.
00:42:28: Manchmal ist es auch nie so.
00:42:29: Man muss auch einfach sagen, dass manchmal Trauer auch eine Wunde schlägt und hinterlässt Punkt.
00:42:35: Und man wird überhaupt nicht stärker dadurch.
00:42:37: Das ist auch so, ne?
00:42:39: Ja, das ist nicht immer leicht.
00:42:41: Und manches hat keinen Sinn.
00:42:43: Es ist aber nicht verwerflich, für einen selbst auch das Gute im Schlechten zu suchen.
00:42:48: Und bei mir war das ganz ähnlich.
00:42:50: Ich habe mir eine Art von Gedanken gemacht nach diesem Verlust vor dreißig Jahren schon.
00:42:55: die mich mein Leben lang geprägt haben.
00:42:57: Ich habe Menschen anders kennengelernt.
00:42:59: Es hat meinen Geist für andere Dinge stark geöffnet.
00:43:03: Es hat mich auch vorsichtiger gemacht.
00:43:07: Ganz ernst, eine ganz triviale Sache.
00:43:09: Es hat mich einfach im Verkehr vorsichtiger gemacht.
00:43:13: Und wer weiß, für was das gut war.
00:43:16: Und das wiederum, das befähigt mich, mit einem bisschen liebevolleren Blick darauf zu gucken.
00:43:22: Und der macht es alles etwas weicher.
00:43:24: Deswegen bin ich aber immer noch traurig, wenn ich daran denke.
00:43:28: Dann eine Frage, die viele Menschen umtreibt und vielen Menschen übrigens auch Angst macht, werde ich die verstorbene Person vergessen.
00:43:36: Ich höre das ganz oft, dass Menschen nach einem Verlust plötzlich so schockhaft.
00:43:40: den Eindruck kann mich an das Gesicht nicht richtig erinnern.
00:43:43: Oder ich weiß nicht mehr, wie die Stimme sich anhörte.
00:43:46: Und soll das so sein?
00:43:47: Muss das so sein?
00:43:48: Oder darf das gar nicht so sein?
00:43:51: Was ist mit meiner Verbindung zu der verstorbenen Person?
00:43:54: Ich würde den Dingen ihren Lauf lassen.
00:43:56: Es kommt, wie es kommt.
00:43:58: Ich würde mich weder dazu zwingen, an die Person zu denken, noch würde ich versuchen, nicht an sie zu denken.
00:44:05: Ja.
00:44:05: Let it flow.
00:44:06: Genau, und dieses neuere Konzept von Trauer, das sich auf diese Continuing Bonds bezieht, also auf die anhaltende Verbindung, selbst wenn der Mensch nicht mehr da ist, bekräftet ja nochmal, dass es nicht darum geht, dass man in irgendeiner Weise aktiv eine Art von Loslassen befeuern muss.
00:44:25: Also man darf sich sozusagen ein bisschen darauf verlassen, dass die Beziehung zu der Person, die man hatte, innerlich in deinem Inneren weiter ihren Platz haben wird.
00:44:36: Und dass sie nicht nur von Erinnerung und Andenken lebt, sondern vielleicht auch Teil deiner Identität werden wird.
00:44:43: So wie du das gerade geschildert hast und wie ich das auch erlebe.
00:44:46: Also so wie als würde die Beziehung die ihr zueinander hattet, in dir aufgehen, in dir weiterleben.
00:44:53: Und da gibt es keinen Müssen oder keinen dürfen oder keinen sollen.
00:44:56: Und da gibt es nichts, was richtig ist oder falsch ist.
00:44:59: Und für dich gehört vielleicht dazu, weiterhin mit der verstorbenen Person zu sprechen.
00:45:05: Vielleicht möchtest du auch Werte die der verstorbenen Person wichtig waren, weiter in die Welt tragen.
00:45:11: Also wie sich das gestaltet, das ist ganz, ganz individuell.
00:45:15: Aber dass du die verstorbene Person wirklich dauerhaft vergisst auf der einen Seite oder dass du sie loslassen musst auf der anderen Seite, da würde ich in beide Richtungen keine Angst haben, irgendwas falsch zu machen oder dass irgendwas nicht richtig läuft.
00:45:30: Ja, verstehe, gehe ich genauso mit.
00:45:33: Fassen wir vielleicht nochmal zusammen.
00:45:34: Trauer ist nicht linear.
00:45:36: aber mit über die Dauer der Zeit weniger.
00:45:39: Und sie ist ein ganz individueller Prozess.
00:45:42: Es fühlt sich in Wirklichkeit eher an wie Wellen, die einen immer mal wieder überrollen.
00:45:47: Trauer betrifft uns emotional und körperlich und betrifft unsere ganze Existenz.
00:45:52: Trauer ist extrem tiefgreifend und auch wahnsinnig schmerzhaft, aber trotzdem nicht pathologisch.
00:46:00: Also Trauer ist keine Krankheit, sondern eine normale Lebenserfahrung.
00:46:05: Trauer an sich lässt sich nicht einfach wegmachen.
00:46:08: Es gibt keine gute Abkürzung.
00:46:11: Aber man kann diesen Prozess, durch den man jetzt durchgehen muss, gestalten.
00:46:16: Man kann sich zum Beispiel durch Rituale oder eine bestimmte Alltagsstruktur helfen.
00:46:23: Und ich würde auch empfehlen, das ein bisschen bewusst zu gestalten und auch andere Menschen mit einzubeziehen, die einem dabei helfen, weiterzumachen, auch wenn sich das erst mal schwer anfühlt.
00:46:34: Trauer ist nicht logisch.
00:46:36: Wir haben gesagt, sie oszilliert zwischen verschiedenen Gefühlswelten und fühlt sich deswegen manchmal auch widersprüchlich an.
00:46:42: Und da gehört das Niedergeschlagen sein so dazu wie auch manchmal Wut.
00:46:45: Oder Erleichterung.
00:46:47: Und manchmal kann man auch mitten in der Trauer trotzdem schon wieder Heiterkeit empfinden.
00:46:52: Und ja, man darf auch lachen.
00:46:54: Und genauso gehört aber auch der Wunsch nach Sinn dazu und auch die Suche danach, ob man aus diesem Trauerereignis irgendwas für sich dann doch mitnehmen kann und vielleicht sogar daran wachsen kann.
00:47:09: Das ist aber kein Anspruch, also vor allen Dingen nicht, wenn die Trauer noch sehr frisch ist.
00:47:15: Aber ja, du darfst weiterleben und du darfst dich auch verändern und du darfst dein Leben gestalten und lachen.
00:47:22: Und zuletzt ist vielleicht der Gedanke hilfreich, dass der Tod nicht alle Verbindungen trennt, sondern die Beziehung zu der verstorbenen Person sich in unser Inneres verlagert.
00:47:33: und dass sie weiterhin als Kraftquelle dort bestehen bleiben kann.
00:47:37: Nur eine Sache ist wichtig.
00:47:38: Wenn Trauer gar nicht aufhört, wenn es über die Dauer der Zeit über Monate gar nicht besser wird, dann kann es sein, dass eine behandelungsbedürftige, prolongierte, also verlängerte Trauerreaktion vorliegt.
00:47:51: Und da darf man als direkt betroffene trauerende Person als auch als Angehöriger professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
00:47:59: Und was ich mir wünsche, auch weil ich selber so erlebt habe, ist, dass irgendwann eine indifferente Stimmung aufkommt mit so einem schwebenden und gütigen Blick auf die Welt.
00:48:10: Ich stelle mir vor, dass du als Hörerin oder du als Hörer diese Folge jetzt vielleicht speziell angeklickt hast, weil du in einer der schlimmsten Phasen deines Lebens bist.
00:48:21: Und ich möchte an dieser Stelle mein Mitgefühl dafür ausdrücken und auch Danke für dein Vertrauen und danke, dass du einen... wenig dieser Zeit mit uns jetzt verbracht hast und ich hoffe, dass du ein bisschen was für dich daraus ziehen kannst.
00:48:34: Ich sage allen Zuhörern und Zuhörerinnen vielen Dank fürs Zuhören und bis zur nächsten Woche.
00:49:03: Tschüss!
Neuer Kommentar