Suizidalität: Expertenwissen und Antworten
Shownotes
In den letzten Jahrzehnten sind Suizide deutlich seltener geworden - doch in den letzen zwei Jahren sind in Deutschland die Zahlen wieder gestiegen. In dieser Folge widmen sich Franca und Christian diesem schweren Thema. Dafür hat Franca mit Professor Dr. Benedikt Till gesprochen. Er ist Suizidforscher am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Wer ist besonders gefährdet? Welche falschen Mythen existieren? Wie kann man Warnzeichen erkennen? Was sollen Angehörige tun? Was macht uns Hoffnung? Die Studie von Prof.Till und seinem Team findest du hier: https://www.suizid-praevention.info
Wenn deine Gedanken um das Thema Suizid kreisen, findest du hier Hilfe: In Deutschland gibt es immer ein psychiatrisches Krankenhaus, das für deine Region zuständig ist. Je nach Notsituation und Leidensdruck können Patienten dort sehr kurzfristig aufgenommen werden. In akuten Fällen, wende dich direkt an den Rettungsdienst unter 112 Auf der Internetseite der Telefonseelsorge findest du viele relevante und hilfreiche Seelsorge- und Beratungsangebote https://www.telefonseelsorge.de/
Anrufen kannst du hier: 0800 1110111, 0800 1110222, 116 123
Deutschland
Für Betroffene: 1. TelefonSeelsorge Deutschland (24/7): https://www.telefonseelsorge.de 2. U25 Online-Suizidprävention für junge Menschen: https://www.u25-deutschland.de
Für Hinterbliebene: AGUS – Angehörige um Suizid: https://www.agus-selbsthilfe.de
Österreich
Für Betroffene: 1. Telefonseelsorge Österreich – Notruf 142: https://www.telefonseelsorge.at 2. Rat auf Draht – Notruf 147 (Kinder/Jugendliche): https://www.rataufdraht.at
Für Hinterbliebene: Kriseninterventionszentrum Wien – Materialien für Hinterbliebene: https://www.kriseninterventionszentrum.at/wp-content/uploads/2020/07/suizid-hinterbliebene_online.pdf
Schweiz
Für Betroffene: 1. Die Dargebotene Hand – Tel 143: https://www.143.ch 2. Pro Juventute – Notruf 147 (Kinder/Jugendliche): https://www.147.ch
Für Hinterbliebene: Verein Refugium – Hinterbliebene nach Suizid: https://www.verein-refugium.ch
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Transkript anzeigen
00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode Psychologie To Go.
00:00:05: Das ist dein Podcast für hilfreiche Gedanken
00:00:08: und Impulse
00:00:09: direkt
00:00:09: aus
00:00:10: meiner psychotherapeutischen
00:00:11: Praxis.
00:00:13: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode von Psychologie To Go.
00:00:18: Ich sage das ja immer mal wieder an passenden oder vielleicht nicht so passenden Stellen, aber heute ist es wirklich wichtig.
00:00:23: Psychologie ist was anderes als Wellness.
00:00:27: Und zum großen Feld der Psychologie gehören manchmal auch traurige oder tragische oder schmerzhafte Themen.
00:00:35: Und heute möchte ich ausnahmsweise mal wirklich eine Inhaltswarnung vorweggeschicken.
00:00:39: In der heutigen Podcast-Folge beleuchten wir das Thema Suizidalität.
00:00:44: Psychische Erkrankung kann lebensbedrohlich sein und deshalb ist es mir wichtig, dass wir in diesem Podcast auch diesen Themen einen Platz geben.
00:00:53: Und wenn du aber das Gefühl hast, dass das Thema für dich gerade zu aufführend ist oder nicht passend, dann skip gerne diese Podcast-Folge und schalt am nächsten Sonntag wieder ein.
00:01:04: Wenn du gerne dabei bleiben möchtest, freue ich mich sehr, dass du auch diesem ernsten Thema eine Chance gibst und Interesse daran hast.
00:01:12: Und in dieser Folge heute möchten wir mit bestimmten Mythen und Fehlinformationen aufräumen, die immer noch um das Thema Suizidalität herum verbreitet sind.
00:01:23: Wir möchten auf Wahnsignale aufmerksam machen und nicht zuletzt möchten wir auch auf ein Studienprojekt aufmerksam machen.
00:01:30: Von der Medizinischen Universität Wien, das sich genau mit dem Thema Suizidalität, aber auch Suizidprävention beschäftigt, dazu später mehr.
00:01:40: Erst mal möchte ich mich kurz vorstellen.
00:01:41: Mein Name ist Franka Girotti.
00:01:43: Ich bin Psychotherapeutin von Beruf und jemand, der gerade erst gestern ganz nah dran war, am Thema Suizidalität ist.
00:01:52: Mein Mann, Christian Weiß, er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
00:01:57: Hallo Christian.
00:01:58: Hallo Schönheit.
00:02:00: Du bist gestern ja tatsächlich zu einem Einsatz unterwegs gewesen.
00:02:03: Magst du mal kurz erzählen, worum es da ging?
00:02:06: Es gehört zum ganz regulären Psychiater Dasein dazu, dass wir ganz offiziell und so ziemlich auch mit als die Letzten, mit unseren psychologischen Kollegen, Suizidalität beurteilen können.
00:02:17: Rechtssicher.
00:02:20: Gestern war es so, dass ich zu einer Person gerufen worden bin, wo unklar war, ob eine akute Suizidalität vorliegt, mit der Konsequenz, ob diese Person hätte auch gegen ihren Willen in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssen oder nicht.
00:02:34: Das ist für mich immer wieder auch spannend, weil ich für gewöhnlich dazu gerufen werde, wenn schon viele Beteiligte, Außenstehende davon ausgehen, dass es sich um suizidale Gedanken oder Absichten handelt.
00:02:47: Normalerweise werde ich sonst gar nicht gefragt.
00:02:50: Das heißt, rechts sicher beurteilen, ob eine Person, du hast gerade gesagt, unter Umständen sogar gegen ihren Willen, um in dem Moment sich vor sich selbst zu schützen, auch in die Klinik eingewiesen werden sollte, das machst du als Arzt, als Psychiater.
00:03:06: Da habe ich eine, wenn man so will, gutachterliche Aufgabe.
00:03:10: Ja, das mache ich.
00:03:12: Und heute haben wir übrigens auch... im Vorfeld für diese Podcastepisode mit einem ganz tollen Experten gesprochen.
00:03:19: Das ist Prof.
00:03:20: Dr.
00:03:20: Benedikt Till von der Medizinischen Universität Wien, genauer gesagt der Abteilung für Sozial- und Präventivmedizin.
00:03:29: Und mit ihm habe ich im Vorfeld ein Interview geführt und mich nochmal so über den neuesten Stand in der Suizidforschung aufklären lassen.
00:03:37: Und wir werden euch in der heutigen Podcastepisode immer auch nochmal seine Expertenstatements einspielen.
00:03:44: Ein Grund, warum ich glaube, dass es wieder mal Zeit ist, sich über Suizidalität zu unterhalten, ist, dass wir gerade in den letzten zwei Jahren einen leichten Anstieg der Suizidfälle in Deutschland wiedersehen.
00:03:58: Jahrelang ist es wirklich erfolgreich zurückgegangen.
00:04:02: Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
00:04:04: Seit den zweitausender Jahren haben wir einen Rückgang von dreißig bis fünfunddreißig Prozent der vollendeten Suizide.
00:04:10: Das ist stark.
00:04:11: Und jetzt haben wir aber wieder einen Anstieg zu verzeichnen.
00:04:14: Gibt es Erklärungsansätze, warum das so ist?
00:04:17: Ich habe nach Erklärung gesucht, aber keine Validen gefunden.
00:04:22: Okay, also insgesamt haben wir einen total guten Trend, nämlich Solizide sind über die letzten Jahrzehnte massiv zurückgegangen.
00:04:30: Aber es ist immer noch ein nennenswerter Faktor.
00:04:32: Und wenn wir über psychische Erkrankungen sprechen, insbesondere Depression oder auch Schizophrenie oder auch Sucht.
00:04:40: Dann müssen wir im Ernstfall Suizidalität immer auch mitdenken.
00:04:46: Das ist eine Erkenntnis, die ich auch tatsächlich erst im Tun oder zu Beginn meiner ärztlichen Tätigkeit erlangt habe.
00:04:53: Psychische Erkrankungen sind somatischen, also körperlichen Erkrankungen, in vielerlei Hinsicht ähnlich, unangenehmer und spannenderweise auch, was die Tödlichkeit angeht.
00:05:03: Psychische Erkrankungen können tödlich sein.
00:05:06: In Deutschland gibt es jährlich etwa Zehntausend Selbstbeschädigung mit Todesfolge.
00:05:12: Das ist die Definition von Suizid.
00:05:15: Okay, und das soll jetzt nicht Angst machen, sondern unsere Absicht ist natürlich darüber aufzuklären und auch in gewisser Weise zu sensibilisieren und natürlich auch auf Hilfsangebote hinzuweisen.
00:05:26: Wir haben heute in der Folgenbeschreibung etliche Links reingepackt für Angehörige, aber auch für Betroffene und auch zu der sehr wichtigen Studie von Professor Dr.
00:05:37: Till.
00:05:38: die man noch halten sich hartnäckig müten, was die Suizidalität angeht.
00:05:43: Zum Beispiel der Mythos, Hunde, die bellen, beißen nicht.
00:05:47: Ja, das ist... sehr weitverbreitet und ein sehr problematischer Mythos, weil dann die Leute das Gefühl haben, wenn dann jemand über Suizid spricht oder vielleicht sogar eine Ankündigung macht, dann muss ich dem nicht helfen, das Gegenteil ist eigentlich der Fall.
00:06:04: Es ist einfach zu sagen, die allermeisten Menschen, die vorhaben, sich das Leben zu nehmen, machen vorher Ankündigungen.
00:06:12: Diese Ankündigungen können natürlich Direkt sein, das kann sowas sein wie, ich will mir das Leben nehmen, ich kann nicht mehr oder wirklich sagen, ja, ich würde mir das Leben nehmen.
00:06:21: Es kann aber auch sehr indirekte Sachen sein.
00:06:23: Einfach nur sehr verklausulierte so Ankündigungen.
00:06:27: Oder es ist nur das Verhalten, dass Leute irgendwelche Vorbereitungshandlungen treffen, plötzlich sehr viel Tod für Sterben interessieren und dann plötzlich eine Obolse noch.
00:06:35: gar nicht so alt sind, so plötzlich einen Testament aufsetzen und so was.
00:06:38: Und oft ist es dann so, dass es den Leuten im Nachhinein klar wird, ah ja, das wird das so was gewesen sein, wenn eine Ankündigung.
00:06:44: Aber in dem Augenblick ist es dann vielleicht nicht klar.
00:06:47: Und das ist natürlich ein massives Problem.
00:06:49: Und natürlich gibt es doch Leute, wo ein großes Problem war oder wo halt Ein alter Trigger für den Suizid war z.B.
00:06:57: Einsamkeit.
00:06:58: Natürlich, die machen vielleicht irgendeine Ankündigung, aber wenn die nicht mit sehr vielen Leuten zusammenkommen, genau dessen, weil sie einsam sind oder abgeschrieben sind, so was, wer soll es dann auch wahrnehmen oder feststellen oder sozusagen.
00:07:08: Aber wir wissen eben aus Studien, dass die allermeisten Suizide in irgendeiner Form vorher angekündigt werden.
00:07:15: Und natürlich gibt es gewisse Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen werden sie eigentlich alle in irgendeiner Form angekündigt.
00:07:22: Die letzten Zahlen, die ich dazu gehört habe, waren, dass von denjenigen, die einen ernsthaften Suizidversuch unternehmen, achtzig Prozent vorher darüber gesprochen haben oder angekündigt haben, dass sie sowas im Kopf haben.
00:07:41: Keineswegs, dass diese Person nur Aufmerksamkeit möchte oder wenn sie wirklich die Absicht hätte, dann würde sie ja genau nicht darüber sprechen oder sowas, sondern sowas ist ernst zu nehmen.
00:07:56: Und genau aus diesem Grund war ich gestern auch unterwegs, weil das Umfeld der Person, zu der ich gefahren bin, diese Aussagen ernst genommen.
00:08:04: Wer eine solche Ankündigung macht, macht es nicht zwangsläufig auf jeden Fall.
00:08:09: Aber es muss unbedingt überprüft werden, wie denn der wahrhaftige Stand ist.
00:08:14: Das muss man zu einem gewissen Kontext sehen, nämlich es gibt immer eine gewisse suizidale Entwicklung.
00:08:19: Das ist ja nicht nur eine Stufe, entweder ja, nein, ich bin suizidal oder nicht, sondern das ist eine gewisse suizidale Entwicklung, die dem eigentlich immer vorausgeht.
00:08:27: Diese Entwicklung kann unterschiedlich schnell sein, das kann Wochen, Monate sein, es kann nach wenigen Tagen sein.
00:08:33: unterschiedlich, aber es sind immer gewisse Phasen.
00:08:36: Das erste Mal die Phase der Erwägung.
00:08:38: Das ist das, worum zum ersten Mal, dass in Erwägung zieht, sich das Leben zu nehmen.
00:08:43: Wo man ein Problem, oder eigentlich, normalerweise sind man ärrere Probleme, es sind meistens eine, oder eigentlich fast immer eine Multikasale Genese.
00:08:50: Wo man zum ersten Mal, dass in Erwägung zieht, so auf diese Art und Weise könnte ich dieses Problem und Anfangszeichen lösen, indem ich mir das Leben nehme.
00:08:58: Da, wo ich das zum ersten Mal in Erwägung ziehe, das ist auch die Phase, wo man sich meistens dann eher zurückzieht, wo man allein sein will, wo man dann nicht mehr so mitwachen will bei irgendwelchen sozialen Aktivitäten.
00:09:08: Und sehr oft verflüchtigen sich diese Sachen danach wieder und dann geht es einem wieder gut oder das Problem löst sich einfach aus irgendwelchen anderen Gründen.
00:09:14: Aber wenn das dann das nicht der Fall ist, kann es sein, dass es zur nächsten Phase übergeht und das ist die Phase der Abwägung oder auch Ambivalenz genannt.
00:09:22: Leute wirklich so ambivalent gegenüber Leben und Tod sind.
00:09:26: Dass sie so richtig einen inneren Konflikt haben, soll ich mir jetzt das Leben nehmen oder soll ich weiterleben.
00:09:32: Wo es wirklich einen inneren Konflikt gibt.
00:09:33: Und das ist die Phase mal, wo es diese direkten Ankündung ergibt.
00:09:38: Wo die Leute sagen, ich kann nicht mehr, ich weiß nicht mehr weiter, irgendwann werde ich nicht mehr da sein.
00:09:43: Wo es dann wirklich schon eher direkt ist.
00:09:45: Weil man eben diesen Konflikt hat und diesen Konflikt auch nach außen trägt auf eine gewisse Art und Weise.
00:09:50: Und auch ein bisschen nach ihm.
00:09:51: putzucht, indem man sich an Leute wendet.
00:09:53: Es kann auch sein, dass diese Leute dann sehr viele Texte zu Suizid, zu Tod, zu Sterben lesen, also wo es dann in diese Richtung geht.
00:09:59: Und dann gibt es eben potenziell die nächste Phase, das ist die Phase des Entschlusses, wo dann die Leute wirklich den Entschluss treffen.
00:10:07: Ja, ich werde mir das Leben nehmen.
00:10:10: Und da ändert sich ein bisschen, was in zwar im Sinne von der inneren Konflikt ist, aufgelöst.
00:10:15: Das hat zwei Sachen zur Folge.
00:10:17: Das erste ist, Es hat nicht mehr diese direkten Ankündigungen, weil ich mir jetzt fahre, ich will ja kein Input mehr, ich will keine Hilfe haben, sondern jetzt will ich mir das Leben nehmen.
00:10:26: Und dann sind es mehr diese Anzeichen eben, dass ich plötzlich meinen Hab und Gut verschenke, dass ich ein Testament aufsetze, vielleicht eine Lebensversicherung, plötzlich mir eine Schusswaffe kaputt an, potenzielle Suizidmittel zulegen und eher diese indirekten Sachen.
00:10:39: Und dann ist eben auch dieses... Die Leute wirken gelöster, so ein bisschen entspannter, man hat das auch dann fälschlicherweise das Gefühl, den Leuten geht es besser und dabei ist das gar nicht der Fall, sondern sie haben einfach nur für sich den Entschluss getroffen, ich werde mir das Leben nehmen und dann ist dieser innere Konflikt weg und deswegen wirken sie gelöster, aber in Wirklichkeit geht es ihnen überhaupt nicht besser, sondern eben... Sie wollen sich weiterhin das Leben nehmen, mehr denn zuvor.
00:11:04: Und wenn man eben jetzt zum Beispiel sagt, also der redet über Suizid und macht das nie oder hat es bisher nie gemacht, dann wird das auch in Zukunft nicht machen, das liegt daran, er ist noch nicht in diese dritte Phase übergehtreden.
00:11:14: Er ist noch immer in dieser Abwägungsphase.
00:11:16: Und solange man das ist, macht man ihm noch Ankündigungen.
00:11:18: Und erst, wenn es dann irgendwann in die dritte Phase geht, wo der Entschluss ist, da ist es dann, wo die Leute dann auch handeln sozusagen entsprechend.
00:11:29: Okay, also Professor Till spricht von drei Phasen.
00:11:32: Der Erwägung, der Ambivalenz und dann der festen Entschlussfassung.
00:11:37: Wann und wie jemand entweder konkret darüber spricht oder Andeutungen macht oder sein Verhalten ändert, das kann ganz unterschiedlich sein.
00:11:48: Diese Phasen, die sind gut nachvollziehbar und nachweisbar bei Patienten, die letztendlich eine suizidale Absicht entwickeln.
00:11:57: Ein Gedanken daran an Suizid überhaupt mal zu haben gehört nicht unbedingt schon in eine solche Phase.
00:12:04: Es ist völlig normal solche Fantasien mal kurz in die Hand zu nehmen, geistig gesprochen und dann wieder zu verwerfen.
00:12:13: Jeder Geist lotet immer wieder mal seine Grenzen aus, die Grenzen des denkbaren aus, nur um zu wissen, wo sie liegen.
00:12:21: Also, die reine Fantasie mal kurz zu haben und wie das wäre, wenn alle an meinem Grab stünden, das hat im Grunde jeder Mensch mal.
00:12:28: Ja, okay, das ist jetzt noch nicht Suizidanität, sondern richtig ernst würde ich sagen, wird es ab dem Moment, wo jemand das als echte Option in Betracht zieht und möglicherweise schon Handlungsabsichten entwickelt, sprich so Pläne fast, wie würde ich es denn machen?
00:12:48: oder beginnt... von mir aus Tabletten zu sammeln oder sowas.
00:12:53: Und richtig gefährlich ist es natürlich dann in dem Moment, wo der Entschluss steht.
00:12:59: Und zwar ist es deswegen so gefährlich, weil man es von außen kaum noch sehen kann.
00:13:07: Und das sind nicht nur die Angehörigen und Amphungste und Freunde und Freundinnen, die sich irren.
00:13:11: Es sind manchmal auch behandelte Arzt, behandelte Ärztin, die das vielleicht falsch deuten, die dem aufsitzen, wenn man eben nicht aufpasst.
00:13:18: Man freut sich natürlich auch, dem geht es besser, meine Patienten oder meine Patientinnen.
00:13:21: Das, was ich tue, wirkt.
00:13:23: Das ist ja das, was man ja erwartet, wenn ich Therapie anfange.
00:13:26: Aber es kann eben vielleicht, wenn man eben nicht aufpasst sein, dass es den Leuten nur deswegen augenscheinlich besser geht, weil es jetzt diesen Schluss getroffen haben.
00:13:33: Also ja, da muss man generell ein bisschen alle auf.
00:13:36: passen.
00:13:36: Man muss eben nachhaken.
00:13:38: Zum Beispiel einfach fragen, oh, ich hab das Gefühl, dir geht's besser.
00:13:43: Warum geht's dir denn besser?
00:13:44: Was hat sich denn verändert?
00:13:46: Ja, und wenn dann nichts kommt oder sich eigentlich nichts zum Guten verändert hat, dann... kann man da schon mal hellhörig werden.
00:13:53: Und übrigens, was das Konkrete ansprechen und auch das Nachhaken angeht, gibt es ja einen zweiten Mythos und auch der ist immer noch total verbreitet, nämlich die Angst, dass man, indem man eine Person auf Suizidalität anspricht, sie womöglich überhaupt erst auf die Idee bringt.
00:14:12: So nach dem Motto nahe ich sag mal lieber nichts, will ich mal nicht so dumme Gedanken hier sehen.
00:14:18: dass sich jemanden erst auf die Idee bringen, indem ich das anspreche, das Thema Suizid.
00:14:22: Das ist ein Mythos.
00:14:24: Das ist absoluter Quatsch.
00:14:25: Und das ist eben auch einer von den ganz schlimmen Mythen, weil man eben dann den Leuten nicht hilft, sozusagen.
00:14:30: Und das sage ich in all meinen Vorträgen.
00:14:32: Wenn Sie das Gefühl haben, ihr Gegenüber hat womöglich Suizidgedanken, bitte sprechen Sie diese Person drauf an.
00:14:40: Sie können nichts falsch machen.
00:14:41: Im schlimmsten Fall sagt diese Person, nein.
00:14:43: Ich habe keine Suizidgedanken und dann ist es auch schon wieder vorbei.
00:14:46: Aber im idealen Fall hat diese Person Suizidgedanken und das wirkt dann immer entlastend, wenn ich darauf angesprochen werde, weil ich dann zeige, okay, ich interessiere mich für diese Person.
00:14:56: Es ist mir nicht egal, wie es diese Person geht oder ob sie ja schlecht geht, sondern ich erkundige mich nachher und dann trete ich in ein Gespräch ein.
00:15:04: Und natürlich... sollte man sich dann auch ein bisschen überlegen.
00:15:07: Also man sollte sich Zeit nehmen für dieses Gespräch und dann auch nicht irgendwie belehren diese Person oder so was sagen.
00:15:14: Ja, wie kannst du denn so was denken?
00:15:15: Man sollte sich dann schon die Zeit nehmen, sich diese Probleme anzuhören.
00:15:18: Aber prinzipiell, sie bringen niemanden auf die Idee, sich das Leben zu nehmen, nur weil sie das jetzt angesprochen oder danach gefragt haben, ob diese Person Suizidgedanken hat.
00:15:29: Die Angst oder die Idee dahinter leitet sich aus dem bekannten Werteeffekt ab.
00:15:34: Das war ein Bühnenstück von Johan Wolfgang Goethe, an das sich die Hauptperson erschießt.
00:15:41: Nachdem dieses Stück sehr populär wurde, kam es zu einer Reihe von Nachahmungssuiziden.
00:15:48: Manche Zeitgenossen damals haben sogar von einer ganzen Epidemie gesprochen.
00:15:52: Und es ist kein Wunder, dass man auf die Idee kommen kann, die bloße Erwähnung von so etwas würde zu einem verstärkten Wunsch oder zu einem verstärkten durchgefüllten Suizid führen.
00:16:02: Dieser Werte Effekt, das ist halt, wenn Medien und damit meine ich Maßenmedien wie Zeitungen, Social Media oder Fernsehen, wenn die über den Suizid berichten, meistens sind es Celebrities, also eben auf der Titelseite und ganz sensationsträchtig, warum hat der das gemacht, darüber spekulieren, vereinfachen der Erklärungen, gibt geteils zu Suizidmethoden nennt und all diese Sachen wirklich stark in den Vordergrund pusht, also auf den Tod, auf das Sterben, warum macht er das?
00:16:28: Und man sieht eben dann, oh, da interessieren sich alle dafür und wollen mehr darüber wissen.
00:16:32: Natürlich, wenn ich das mache, so richtig sensationsträchtig darüber berichte und das als einzige Lösung präsentiere, also von diesen Problemen, die im Wurf vereinfacht dann dargestellt werden im Sinne von ja, Suizid wegen Scheidung, Suizid wegen Schulden.
00:16:44: Was ja jeder nachvollziehen kann, also das hat hohes Identifikationspotenzial.
00:16:49: Das ist eben ganz was anderes.
00:16:51: dieser Imitationseffekt, der dann eben entsteht, als wenn ich Leute nur darauf ansprayen sage, hey, hast du vielleicht Suizid Gedanken.
00:16:57: Das ist ganz was anderes.
00:16:59: Okay, also jemandem mit ehrlichem Interesse und echter Besorgnis zu begegnen und dann aber auch Dinge anzusprechen, die schmerzhaft sind, hat nichts mit dem Werteeffekt zu tun.
00:17:11: Es ist nicht so, als würde man da irgendwie eine dunkle Saat sehen, die dann aufgeht oder so.
00:17:18: Ich kann die Befürchtung verstehen, ich kann auch diesen inneren Stopp verstehen, weil es auch einfach eine sehr intime Frage ist in gewisser Weise.
00:17:25: Oh ja.
00:17:26: Aber trotzdem Möchte ich noch mal hervorheben, was Professor Till gesagt hat, man kann da zwischenmenschlich eigentlich nichts falsch machen.
00:17:34: Anders ist es mit sensationsheischender oder gar romantisierender oder zu platter Berichterstattung.
00:17:42: Das ist wiederum was ganz anderes.
00:17:45: Der Werteeffekt besteht in Nachahmung, nicht in der Saat der Gedanken an sich.
00:17:51: Ich finde das so interessant, weil einerseits möchten wir das Thema enttabuisieren und regen ja auch dazu an, das anzusprechen.
00:17:58: Auf der anderen Seite darf das eben nicht auf eine Art und Weise geschehen, die den Suizid als Lösung propagiert oder als romantisch oder friedlich oder etwas in der Art.
00:18:11: Und für uns in der Psychotherapie hat sich einfach das klare Benennen bewährt, das Nachfragen.
00:18:17: Und natürlich haben wir auch in unserem beruflichen Kontext öfter schon die Gelegenheit gehabt, mit Menschen zu sprechen nach Suizidversuchen.
00:18:27: Und da zeigt sich bei uns allen, durchgehend, ein fast immer gleiches Bild.
00:18:32: Ich habe schon sehr viele Interviews geführt mit Menschen, die Suizidgedanken hatten oder sich versucht haben, das Leben zu nehmen.
00:18:40: Und die sagen, Eine Sache wirklich unisono, also die sagen alle das gleiche in Bezug darauf und zwar es ging ihnen nie darum wirklich zu sterben, sondern sie wollten so nicht weiterleben.
00:18:53: Das ist sehr interessant, dass die Leute das unabhängig voneinander immer sagen und das ist der springende Punkt.
00:18:58: Es geht nicht darum wirklich, dass die Leute sterben wollen, sondern sie wollen so mit diesen Problemen, so wie es ihnen jetzt geht, nicht weiterleben.
00:19:06: Das ist einfach was anderes und deswegen.
00:19:09: kann man auch etwas machen.
00:19:10: Man muss eben schauen, diese Situation so zu verändern, dass es für die Leute irgendwie akzeptabel ist.
00:19:15: Und dann geht es eben auch weiter.
00:19:17: Natürlich hängt es wieder davon ab, in welcher Phase sind die Leute.
00:19:20: Wenn sie gerade in der Phase der Ambivalenz sind, also wo sie wirklich diesen inneren Konflikt haben, ja, na, sehr wohl, da gibt es den, der Leute suchen die Leute ja nach Input.
00:19:28: Und wenn ich sogar den, was präsentiere, so Möglichkeiten, wie man dann, wie ich das Problem anders löse, dann sind die auch sehr empfänglich dafür.
00:19:35: Natürlich Es ist deutlich schwieriger, wenn die Leute schon Entschluss gefasst haben und sagen, also wirklich schon das Vorbereiten nirgendwann davon.
00:19:41: Aber auch da gibt es Berichte davon, dass die Leute sich dann auch das dann noch anders überlegen.
00:19:47: Es gibt, das möchte ich nicht unerwähnt lassen, allerdings auch Fälle, die habe ich aber gar nicht in meiner psychiatrischen Tätigkeit, sondern eher in meiner hauseärztlichen Tätigkeit gesehen, dass Menschen des Lebens müde waren im Sinne von... den Lebensmut, den Lebenswillen verloren, aber ohne dass die Umstände unerträglich gewesen wären.
00:20:10: Das ist nicht so besonders häufig.
00:20:12: Ist das was, was bei älteren Menschen zum Beispiel anzutreffen ist, dass sie so sagen, ach, es ist jetzt auch gut gewesen, also so, ich habe das Leben gelebt und jetzt reicht's auch?
00:20:23: Oder wie meinst du das?
00:20:25: Ja, eine, wenn man so will, nachvollziehbare Haltung von Gutes kommt nicht mehr.
00:20:31: Ich erwarte nichts Gutes.
00:20:32: Ich bin aber nicht verbittert.
00:20:34: Und ich bin nicht besonders traurig.
00:20:36: Ich habe keine Schulden oder irgendwelche Sachen, die jetzt konkret geändert werden müssten, sondern durchaus das Gefühl, das Leben wäre nun an seinem Ende angekommen.
00:20:47: Das ist die Ausnahme.
00:20:49: Und ja, ich würde es auch nur aus meiner eigenen Erfahrung jetzt bei älteren Menschen verorten.
00:20:54: Und das sind aber dann diejenigen unter allen Menschen, die Suizidversuche begehen oder sich tatsächlich suizidieren, wo man sagen könnte, die sind nicht psychisch erkrankt im engeren Sinne.
00:21:08: Aber das ist die kleinere Gruppe, stimmt's?
00:21:10: Das ist eine sehr kleine Gruppe tatsächlich.
00:21:13: Und überhaupt hat man ja häufig den Eindruck, dass Suizid eher jüngere Menschen betrifft.
00:21:18: In Wirklichkeit scheint es aber eher so zu sein, dass ältere Menschen davon betroffen sind.
00:21:24: Ja, also es stimmt auf alle Fälle, dass die höchsten Suizidraten haben wir bei den älteren Menschen, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, vor allem bei den älteren Männern, wobei man es genau nimmt.
00:21:35: Also es sind ältere Menschen wesentlich häufiger, die durch Suizid versterben.
00:21:40: Wir wissen, dass sehr viele junge Menschen auch Suizid Gedanken haben, aber dass sie dadurch sterben, das ist bei älteren Wesen durch häufiger.
00:21:47: Woran das liegt, das kann man immer nur spekulieren.
00:21:50: Bilanz, Suizid, ja, ich weiß, was die Leute meinen, das ist ein bisschen... kritisch, weil das klingt immer so, als dass die sich das so rational überlegt hätten, so das für und wieder.
00:21:59: Das ist so ein bisschen missverständlich, weil es so wohl überlegt oder rational überlegt ist, nämlich gar nicht, weil diese Leute eben eine Präsulzahl der Einhängung vorher haben.
00:22:09: Die überwiegende Zahl der Menschen, die sich mit Suizidgedanken tragen, haben entweder ganz schwerwiegende Lebensprobleme, die sie für nicht bewältigbar erachten oder im Hintergrund eine psychische Erkrankung.
00:22:23: Diese Beurteilung, warum jemand aus dem Leben scheiden will, ob es aufgrund einer seelischen Störung oder ob es ein sozusagen errechneter Grund aus freiem Willen ist, das beschäftigt seit Jahrhunderten die Philosophie und die Gesellschaften.
00:22:39: Und das ist letztendlich auch so hundertprozentig nicht geklärt.
00:22:42: Wir hatten in der Antike eine eher edle Betrachtungsweise, so dass man sich noch nicht mal einem Tyrannen unterwerfen sollte, wenn man dadurch keine Kontrolle mehr hat, der Akt selbst sich aus dem Leben zu nehmen, wurde als edel betrachtet, als letzte Möglichkeit die Kontrolle zu behalten.
00:22:58: Im Mittelalter unter katholischen Gesichtspunkten war es eher eine Sünde.
00:23:04: Es war ein Frevel, wenn man sich selbst das Leben nahm, denn es war ja von Gott geschenkt.
00:23:08: Man durfte es auf gar keinen Fall machen.
00:23:10: Ich denke, die Katholiken sehen es heute immer noch so.
00:23:12: Und jetzt sind wir wieder in einer Phase, wo auch durch unsere Rechtsprechung die Idee davon, dass man auch sein Lebensende selbst bestimmt zur Autonomie und zur Freiheit des Menschen gerechnet wird.
00:23:26: Ja, aber das sehe ich natürlich insofern ein bisschen kritisch, weil die eben die weit überwiegende Anzahl an Suiziden im Rahmen psychischer Erkrankung... passiert.
00:23:39: Und ich als Psychotherapeutin wünsche mir natürlich, dass die Möglichkeiten der Behandlung ausgeschöpft sind, bevor Suizid in Betracht gezogen wird oder sogar irgendwie für gut geheißen wird.
00:23:51: Also Autonomie hin oder her, man muss ja diskutieren, ist das, was jemandem im Rahmen einer schweren psychischen Erkrankung als eine Art Lösung erscheint, ist das wirklich so?
00:24:03: Oder ist das nur so, weil die Person gerade wirklich schwer psychisch erkrankt ist.
00:24:09: Und meine Erfahrung ist halt, dass sehr viele Menschen, selbst wenn sie im Rahmen einer psychischen Erkrankung einen Suizidversuch begangen haben, im Nachhinein, wenn sie es überlebt haben, wenn sie aus der Intensivstation auf unsere Stationen kommen, froh sind, dass es nicht geklappt hat.
00:24:27: Ist doch meine Erfahrung in der überwältigten Mehrzahl der Fälle.
00:24:30: Genau.
00:24:31: Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt.
00:24:32: Gut, dass Sie das sagen.
00:24:33: Das ist auch etwas, was man auch in der Literatur, in der Wissenschaft, die die Literatur oft findet, dass eben die meisten Leute, die sich das Leben genommen haben, bevor sind, noch am Leben zu sein und die wenigsten machen noch einen Suizidversuch.
00:24:46: Es gibt schon welche, aber das ist die Minderheit.
00:24:47: Die Mehrheit macht es nicht nochmal.
00:24:50: Das heißt trotzdem, einen Suizidversuch unternommen zu haben, ist trotzdem noch immer ein Predictor dafür, dass man mal durchs Suizid verstirbt.
00:24:57: Das ist rein epidemiologisch gesehen richtig.
00:25:00: Aber die meisten, die mal ein Suizidversuch gemacht haben, sprich, es überlebt haben, machen nicht nur einen Suizidversuch.
00:25:08: Suizid ist, ich möchte fast sagen, ein bisschen ein männliches Thema.
00:25:12: Im Unterschied zu sehr, sehr vielen anderen Themen, die wir hier auch im Podcast besprechen, wo statistisch gesehen Frauen stärker vertreten sind, ist es bei den vollendeten Suiziden die männliche Bevölkerung.
00:25:27: Die quasi am Suizid verstirbt.
00:25:28: Hast du da nochmal paar Zahlen und Daten zu?
00:25:31: Ganz grob.
00:25:32: Und dafür aber auch international über die meisten Länder hinweg kann man sagen, dass seventy-fünf Prozent der durch Selbsttötung gestorbenen Menschen Männer sind.
00:25:44: Und etwa twenty-fünf Prozent Frauen.
00:25:46: Suizidversuche sind allerdings bei Frauen dreimal häufiger als bei Männern.
00:25:51: Dieses Ungleichverhältnis kommt vor allen Dingen dadurch zustande, dass die Methoden Man sagt bei Frauen weicher sind und bei Männern härter, so im statistischen Mittel.
00:26:01: Das heißt, der Versuch, sich mit Tabletten zu vergiften, führt häufig nicht zwangsläufig zum Tod, sondern zu schweren Vergiftungserscheinungen.
00:26:09: Manchmal sogar auch zur Behinderung, aber Tod tritt nicht ein.
00:26:12: Wenn allerdings jemand von einem sehr hohen Gebäude sich stürzt, dann wird das für gewöhnlich nicht überlebt.
00:26:19: Das find ich total interessant, denn wir hatten ja schon gesagt, dass jetzt in den letzten Jahrzehnten die Suizidraten zum Glück sinken.
00:26:27: Und dazu gehört nicht nur eine bessere Aufklärung und Prävention und eine Enthabuisierung von psychischen Erkrankungen und so weiter, sondern manchmal ist es auch echt was ganz Pragmatisches, was Menschen das Leben retten kann.
00:26:42: Gebäudesicherung zum Beispiel.
00:26:44: Also oft werden Brücken oder Gebäude gesichert, dass Leute nicht darunterspringen können zum Beispiel.
00:26:49: Und das das Ganze zum Beispiel... besser funktioniert als die Leute denken, weil oft hört man ja mal von den Leuten, warum ist die Brücke gesichert oder abgesperrt, dann geht er halt irgendwo anders hin und springt von da drunter.
00:27:01: Das klingt logisch und ist es irgendwie auch, aber wir wissen einfach aus den Daten, die allermeisten, die dort hinkommen, gehen da nicht irgendwo anders hin und springen runter.
00:27:10: Die haben sich das lange Zeit überlegt.
00:27:12: Die haben einen Plan gefasst.
00:27:13: Die meisten machen sich nicht mit einem Plan zurecht.
00:27:16: Und da wurde jetzt quasi interveniert.
00:27:18: Die sind jetzt dann dort und denken sich, oh, das habe ich mir das nicht vorgestellt.
00:27:21: Und da ist dann so eine Art Reset-Button, der dann gedrückt wird.
00:27:25: Kann natürlich sein, dass viele dann wieder zum Planen kommen und sich dann was anderes überlegen und vielleicht dadurch sterben.
00:27:31: Aber es ist zumindest mal ein Reset-Button, wo es den Leuten auch Zeit gibt, dass es dann vielleicht sich das Problem löst oder dass sie doch dort irgendwie mit Hilfe in Kontakt kommen oder sie überhaupt dann verwerfen aus welchen Gründen auch immer.
00:27:43: Aber es funktioniert auf eine unlogische Weise, aber ist es dennoch sehr effektiv irgendwie, dass man solche Sachen macht wie im Brückengebäudesicherung, was nachweislich etwas bringt.
00:27:56: Die WHO gibt an, dass die Reduktion von Möglichkeiten sich das Leben zu nehmen stark dazu beigetragen hat, dass Suizide weltweit gesunken sind.
00:28:06: Das bedeutet unter anderem auch, die Verfügbarkeit von Schusswaffen zu begrenzen, aber auch, und das fand ich sehr interessant, Pflanzenschutzmittel.
00:28:15: Stimmt, es gab so ein hochgiftiges Präparat, was den Suizid letztlich zu einfach gemacht hat, eine Zeitlamm.
00:28:25: Und das scheint ein ganz wichtiger Faktor zu sein, den Impuls, der zwar mit viel Planung, aber trotzdem kommen kann, dem Einhalt zu gebieten.
00:28:34: Das ist jetzt auch nur meine private Erfahrung, aber ich hatte den Eindruck, dass vor allen Dingen zum Beispiel Menschen mit Schusswaffen wie Polizistinnen und Polizisten sich häufiger in Anführungstrichen erfolgreich suizidieren, weil sie eben über eine Waffe verfügen.
00:28:53: Das ist mir in der Praxis häufiger begegnet.
00:28:57: Ich weiß nicht, ob es dazu auch Statistiken oder Zahlen gibt.
00:29:01: Also
00:29:01: die...
00:29:02: Leichte Verfügbarkeit von potenziell tödlichen Werkzeugen spielt eine große Rolle.
00:29:09: Aber in einer recht neuen Veröffentlichung in der Lancet Public Health wurde festgestellt, dass es noch vier weitere Prediktoren gibt, die ich so noch gar nicht auf dem Schirm hatte.
00:29:21: Das ist zum einen Alkoholkonsum.
00:29:24: Das ist als zweites Glücksspielsucht.
00:29:26: als drittes gewalttätige Familienverhältnisse und als viertes Suizide im Namen Umfeld.
00:29:33: Okay, verstehe, das klingt so ein bisschen so, als hätte das alles so ein bisschen mit der Hemmschwelle zu tun, die gesenkt wird.
00:29:40: Entweder durch Modelle im Namen Familienumfeld oder vielleicht durch Alkohol, tatsächlich, weil der präfrontale Cortex eingeschränkt ist in seiner hemmenden Funktion durch den Konsum.
00:29:51: Ja, meine persönliche Erfahrungen im Bereich der Notaufnahmen, wenn Patienten in die Klinik kommen mit stattgehaltenen Suizidversuch ist auch, dass in bestimmt neunzig Prozent der Fälle Alkohol mit im Spiel war.
00:30:04: Und wie du sagst, der präfrontale Cortex, der unsere Impulse hemmt, der wird durch Alkohol ja runtergeschraubt.
00:30:10: Also die Funktion wird runtergeschraubt.
00:30:12: Und wenn Alkohol im großen Stil im Rahmen der Alkoholabhängigkeit beispielsweise eine Rolle spielt, dann kommt es ja auch noch zum gesundheitlichen, zu finanziellen, zu sozialen Problemen.
00:30:23: Das sind alles Dinge, die zu Hoffnungslosigkeit führen.
00:30:25: Und Hoffnungslosigkeit ist auch einer der Hauptfaktoren, die bei dem Wunsch aus dieser Welt zu scheiden eine Rolle spielen.
00:30:34: Ein alter Chef von mir hat immer gesagt, wenn sich jemand im nahen Umfeld schon das Leben genommen hat, dann ist Suizid enttaboisiert.
00:30:43: Sich selber das Leben zu nehmen, ist nicht im Menschen eingebaut eigentlich.
00:30:48: Evolutionsbiologisch sind wir eigentlich so gebaut, dass wir unbedingt überleben wollen.
00:30:52: Ja, unser System fährt hoch, wenn wir irgendwie bedroht sind, wir wollen leben.
00:30:57: In unserem Geist ist das eigentlich ein Tabu.
00:31:00: Wenn dieses Tabu gebrochen wird, dadurch, dass es im nahen Umfeld passiert ist, ist es enttaboisiert und fällt demjenigen, der es miterleben musste, im Grunde leichter.
00:31:10: Und gibt es nicht aber auch eine genetische Disposition, also tatsächlich beobachten wir ja Suizidalität im familiären Umfeld, gehäuft.
00:31:20: Und das scheint dafür zu sprechen, dass tatsächlich Vielleicht sogar das, was du gerade gesagt hast, dieses eigentliche genetische Programm von Ich will unbedingt überleben, weil manchen Menschen nicht so stark ausgeprägt zu sein scheint.
00:31:32: Und wenn die dann in eine psychische Schieflage geraten, eine schwere Depression entwickeln, eine Abhängigkeit, eine Schizophrenie, ist es für sie eben scheinbar doch naheliegender.
00:31:43: Und das tritt familiär geholft auf.
00:31:46: Ja, man hat kein einzelnes Gehen.
00:31:48: dafür identifizieren können.
00:31:50: Und es ist auch erst mal nicht intuitiv, dass man sagt, eine höhere Suizidwahrscheinlichkeit ist vererbbar.
00:31:57: Man müsste sich ja vorstellen, dass genau das Gegenteil der Fall wäre.
00:32:01: Aber wenn man es nicht isoliert betrachtet, sondern als System, dann kann es durchaus sein.
00:32:06: Außerdem, um die Ecke gedacht, gibt auch die Tatsache, dass es Medikamente gibt, die gegen Suizidalität wirken.
00:32:12: Ein Hinweis darauf, dass auch unsere Gene ihre Hand mit dem Spiel haben könnten.
00:32:18: Zum einen weiß man von Glyzium, dass als Zusatzmedikament bei Depressionen oder bei bipolaren Störungen gegeben wird, dass das die Suizidrate senkt.
00:32:28: Und zum anderen gibt es eine ganz interessante Entwicklung, die aber, bis zum Jahr Jahrzehnte, Jahrzehnte, Jahrzehnte stehen geblieben sein muss.
00:32:35: Ich habe dann nichts mehr davon gehört.
00:32:37: Und das ist ein Gen-Test damals vom Max-Planck-Institut entwickelt, der voraussagen sollte, ob Antidepressiva zu Suizidgedanken führen.
00:32:48: Man weiß, dass bei wenigen Menschen, so um die acht Prozent, antidepressiver zu Suizidgedanken oder auch Absichten führen können, dass sie das verstärken können.
00:32:59: Das steht auch in den Packungen immer mit dabei.
00:33:01: Das ist auch etwas gefürchtet und war immer so ein bisschen forschungsmäßig umstritten.
00:33:05: Und dann hat das Max-Plug-Institut ein Test entwickelt, wen das denn treffen könnte.
00:33:09: Das sind die wenigsten, aber ich sag so.
00:33:12: Wenn ich nach Genen forschen kann, die damit zu tun haben, dann muss es auch logischerweise irgendwie genetisch verankert sein.
00:33:19: Also wie so oft ein multifaktorielles Zusammenspiel, was letztlich zu Suizidalität führen kann.
00:33:26: Und das ist ja das, was der Professor Till auch schon gesagt hat.
00:33:30: Es ist nie nur eine Erklärung, es ist immer multifaktoriell.
00:33:35: Wir hatten ja gerade schon über Risikofaktoren gesprochen, also zum Beispiel Alkoholabhängigkeit oder Suizide.
00:33:41: im familiären Umfeld.
00:33:43: Und ich wollte von Professor Till nochmal genauer wissen, was es mit dem Risikofaktor psychische Erkrankung und Suizidalität auf sich hat.
00:33:52: Psychische Erkrankungen generell sind ein gewisser Predictor für Suizidalität.
00:33:56: Das heißt, Leute, die eine psychische Erkrankung haben, haben ein höheres Risiko, durch Suizid zu versterben als Menschen, die keine psychische Erkrankung haben.
00:34:04: Das bedeutet übrigens noch lange nicht, also die meisten Leute, die psychische Krankheit haben Sterben nicht durch Suizid.
00:34:09: Also der Umkehrschluss, den kann man nicht sehen.
00:34:11: Das ist mal ganz wichtig, darauf zu fokussieren.
00:34:13: Es gibt bestimmte Diagnosen, wo natürlich das dann noch wahrscheinlicher wird.
00:34:17: Auffektive Erkrankungen, also Depressionen, bipolarische Störungen, das sind zum Beispiel, ich sage jetzt mal und dann von so einem Klassiker, also das ist etwas, was sehr stark ist, mit, assoziiert ist, mit Suizidalität, aber natürlich auch Angststörungen.
00:34:32: posttraumatische Belastungsstörungen oder eben auch Psychosen.
00:34:36: Ja, auch da gibt es natürlich eine gewisse höhere Wahrscheinlichkeit.
00:34:39: Also es hängt immer von der Diagnose ab.
00:34:42: Aber es gibt natürlich auch Menschen, die gar keine psychische Erkrankung haben und trotzdem durch Suizid versterben.
00:34:48: Das kann natürlich sein, dass sie nicht diagnostiziert worden ist, aber das lässt sich nicht so klar sagen.
00:34:52: Es kann auch sein, dass die Leute einfach gar keine psychische Erkrankung haben.
00:34:56: Wenn einem schlimme Dinge passieren, dann kann es natürlich sein, dass man vielleicht nicht mehr weiterleben möchte.
00:35:02: Also zum Beispiel, wenn Eltern ihr Kind verlieren zum Beispiel.
00:35:05: Natürlich, man könnte sagen, die haben jetzt dann eine postomatische Belastungsstörung, aber das ist dann schwer, das darauf einfach so zurückzuführen.
00:35:13: Aber wenn Leuten so etwas passiert, das kann einen natürlich schon dazu führen, dass man nicht mehr leben möchte oder dass man halt Suizidgedanken
00:35:20: hat.
00:35:21: Euch ist es vielleicht aufgefallen, wir sprechen hier im Podcast und auch untereinander.
00:35:26: von Suizid oder Selbsttötung.
00:35:29: Niemals von Selbstmord und auch mit dem Wort Freitod sind wir vorsichtig.
00:35:34: Absolut, da gibt es viele Missverständnisse und deswegen ist Sprache natürlich etwas sehr Wichtiges.
00:35:39: Wir in der Wissenschaft, und ich sage wir, weil ich bin ja eher eine Wissenschaftler hier an der MedUnivine, wir reden immer von Suizid.
00:35:48: Oder wenn wir so umgangssprachlich sagen wollen, dann Selbsttötung.
00:35:50: Wir sagen nicht Selbstmord.
00:35:52: Weil das eben wir als Wissenschaftler ihnen bewerten nicht.
00:35:57: Selbstmord oder auch Suizid-Begehen.
00:36:00: Das hat alles diese Koordination mit dem Verbrechen.
00:36:05: Das hängt noch damit zusammen, dass früher wirklich der Suizid verboten war.
00:36:09: Also vor über hundert Jahren war das ja wirklich verboten, wo gebliebenen wurden, bestraft, bzw.
00:36:13: wenn man ein Suizidversuch hatte und diese Person lebt dann noch, dann wurde diese Person gestraft.
00:36:18: Was in manchen... oder gar nicht zu wenigen Ländern auf der Welt noch immer der Fall ist.
00:36:22: Also wie hier in Europa ist es dekriminalisiert, aber in vielen, zum Beispiel Asiatischen oder Arabischen Ländern ist es nicht dekriminalisiert, das ist nach wie vor ein Verbrech.
00:36:31: Aber weil wir das eben nicht wehrten wollen und das gar nicht mit einem Verbrechen gleichsetzen wollen, verwenden wir diese Begriffe wie Selbstmord oder Suizidbegehen nicht.
00:36:43: Ich
00:36:54: würde gerne noch ein Mythos zur Sprache bringen.
00:36:57: Und zwar den Mythos, dass ein Suizidversuch immer in Anführungsstrichen nur ein Hilfe schrei ist.
00:37:05: Hast du das auch schon mal gehört?
00:37:07: Ja, und ich verstehe die Idee dahinter.
00:37:10: Und ein Hilfeschrei übrigens ist ja was Schlimmes.
00:37:14: Ja, deshalb weiß ich auch gar nicht, warum das immer so genutzt wird, als würde es das Ganze weniger ernst machen.
00:37:21: Genau, deswegen rein technisch ist der Begriff nicht falsch.
00:37:25: Er wird nur falsch interpretiert, so im Sinne, als ob ein Hilfeschrei nichts wert wäre oder es ein Zeichen dafür wäre, dass es nicht zu ernst ist.
00:37:33: Was er genau es ging, ist, wenn jemand einen Hilfeschrei, dann meint er es wahrscheinlich sehr ernst.
00:37:38: Christian, du hattest ja gestern gerade diesen Arbeitseinsatz, wo du beurteilen solltest, ist die Person selbst gefährdend in dem Moment.
00:37:47: Muss sie gegen ihren Willen in die Klinik eingewiesen werden.
00:37:51: Du brauchst jetzt nicht irgendwie ins Detail gehen, aber die Dinge, die wir jetzt so besprochen haben bis hierher, was davon spielte in der gestrigen Situation eine Rolle?
00:38:01: Dass darüber sprechen, das spielte eine Rolle und dass ich das sozusagen einsortieren sollte.
00:38:07: Und ich halte mich mal ganz allgemein.
00:38:09: Die Sache mit dem Hilfeschrei zeigt uns nur, dass es jemand ernsthaft schlecht geht und er oder sie diese Dramatik dabei für notwendig hält, weil vielleicht nichts anderes mehr ankommt.
00:38:23: Es gibt dabei, und das ist leider nicht selten, ganz schlimmer, gefährlicher, ich müsste jetzt fast sagen, Unfälle.
00:38:31: Es kommt immer wieder vor, dass jemand durch einen Suizidversuch bei dem er eigentlich nicht wirklich sterben will, aber seine große Not ausdrücken möchte.
00:38:41: Und dann werden manchmal Medikamente zum Beispiel eingenommen, von denen man glaubt, die sind ja frei verkäuflich, die können so gefährlich nicht sein.
00:38:50: Und dann wird auch in Anführungszeichen nur ein Blister, so zehn Stück oder fünfzehn Stück, eingenommen.
00:38:56: Dummerweise kann es sein, dass ein solches Medikament hochgradig giftig wirkt in dieser Dosierung und ein Stück weit unbeabsichtigt, wenn man so will.
00:39:05: zum Tode führt, und zwar zu einem ganz furchtbaren, unredbar.
00:39:10: Das ist so tragisch, weil man sich das überlegt, dass es Menschen so schlecht geht, dass sie, selbst wenn sie nicht wirklich einen Todeswunsch in dem Sinne haben, sie dennoch Suizidalität wählen oder Suizidversuche wählen, um darauf aufmerksam zu machen, dass sie Hilfe brauchen und wie schlecht es ihnen eigentlich geht.
00:39:30: Und das habe ich auch schon in der Praxis erlebt, dass zum Beispiel nach einer Schlimmen Trennung, eine Person, so als Ausdruck der Verzweiflung, aber schon auch ein bisschen plakativ für die Partnerperson, ein Suizidversuch.
00:39:46: Das klingt jetzt so wertend, aber ich meine es gar nicht so, aber tatsächlich war das als Suizidversuch mehr oder weniger so so arrangiert und wollte auch so aufgefunden werden.
00:39:56: Hat zum Glück auch ganz viele Leute telefonisch verständigt.
00:39:59: und wirklich zum Glück, weil es genauso passiert ist, wie du gesagt hast, diese Person wäre.
00:40:05: verstorben, obwohl es eigentlich im Grunde so ein deutlicher Hilferuf sein sollte und ein Ausdruck von Verzweiflung, eigentlich ohne Todeswunsch, sondern mit einem Wunsch, bitte findet mich, bitte seht, wie schlecht es mir geht, bitte seht, dass ich diese Situation nicht aushalten kann.
00:40:22: Und da finde ich es unpassend zu sagen, das ist nur ein Hilferuf, das ist nur manipulativ, weil unterm Strich das erstens dennoch tödlich enden kann und zweitens eben einfach trotzdem Aufmerksamkeit verdient, wenn jemand sich in einer Lebensphase befindet, wo das die beste Option zu sein scheint.
00:40:43: Wir zwei sind in dieser Betrachtung eher gnädig und wir verstehen das.
00:40:47: Wir verstehen, dass manchmal das Denken auch so stark eingeengt sein kann, dass man sowas wie eine Drohung, entweder wir kommen wieder zusammen oder ich bring mich um, so impulsiv aus jemandem rauskommt.
00:41:01: Das gibt's... Aus unserer Sicht wegen der Verengung und dem schlechten Gefühlen nachvollziehbar.
00:41:06: Von außen häufig unschön.
00:41:10: Ja, das wirkt maximal manipulativ, aber gleichzeitig gehört es eben trotzdem ernst genommen.
00:41:16: Nicht insofern, dass man sagt, okay, dann sind wir jetzt wieder zusammen.
00:41:19: Also das wird nicht funktionieren.
00:41:22: Aber indem man sagt, okay, ich sehe deinen Schmerz, ich sehe deine Verzweiflung und du brauchst Hilfe und ich helfe dir, Hilfe zu finden, das ja.
00:41:29: Was uns alle, glaube ich, aber wirklich auch interessiert, ist die Frage, was können wir politisch oder gesellschaftlich tun, um Suizidversuche und verändete Suizide zu verhindern?
00:41:41: Wo wir natürlich sehr viel Evidenz haben, was sehr gut funktioniert, ist die Zugängigkeit von Suizidmittel zu verringern oder zu reduzieren.
00:41:47: Das bedeutet jetzt nicht nur Gebäude an Brückensicherung, was ich vorher schon angesprochen habe, was sehr gut funktioniert, sondern bedeutet auch Packungsgrößen von Medikamenten und Giften zu verringern, Schusswaffengesetze und dergleichen.
00:41:58: Da haben wir eine recht gute Evidenz, dass diese Sachen wirken.
00:42:01: Wenn man einfach diese Suizidpläne durchkreuzt mit diesen Sachen.
00:42:07: Man ist überrascht, wie sehr das wirklich Suizide verhindern kann und dass die Leute nicht ausweichen auf irgendwelche anderen Methoden, weil man denkt, das würde leicht gehen.
00:42:16: Aber eben die Leute machen sich das sehr viele Gedanken und planen das sehr genau und das durchkreuzt tatsächlich ihre Pläne.
00:42:22: Wo es auch relativ gute Evidenz gibt, ist, wenn es um die Medienberichterstattung über Suizid.
00:42:28: geht.
00:42:29: In Österreich, wie auch in Deutschland, gibt es Medienempfehlungen zur Berichterstattung über Suizid.
00:42:34: Über den Effekt der Medienberichterstattung hatte Prof.
00:42:36: Tiller schon einiges gesagt und eine Sache ist ganz besonders positiv.
00:42:41: Wir kennen ja auch seit Jahrzehnten gewissermaßen einen umgekehrten Effekt von Werteffekt, nämlich den sogenannten Papagenoeffekt.
00:42:48: Wir wissen, dass Berichterstattungen darüber, wie Menschen in einer suizidalen Krise geraten sind, aber dann auch aufzeigt.
00:42:56: dass man das bewältigen kann, wie haben sie das gemacht und wie sie ihr Leben heute jetzt aussieht und wie es besser aussieht.
00:43:03: Diese Art der Berichterstattung hat einen protektiven Effekt und das sollte man eben machen.
00:43:07: Also das Narrativ ein bisschen verändert nicht nur die Menschensterbenduchsuizid, sondern eben das sind suizidale Krisen, dass die wieder rauskommen kann.
00:43:15: Und in einer recht neuen Studie von twenty-fünfundzwanzig, in der Prof.
00:43:19: Till mitgearbeitet hat, hat sich dieser positive Effekt auch auf Instagram gezeigt.
00:43:25: Die Art der Inhalte, die die Probanden präsentiert bekommen hatten, hat ihre Werte auf der Skala Reasons for Living erhöht.
00:43:33: Und ich glaube, das ist so, wie man früher Fernsehen verteufelt hat, es kommt nicht darauf an, das Fernsehen oder das Social Media genutzt wird.
00:43:41: Es kommt darauf an, was man da sieht.
00:43:43: Und wo du gerade über diese Studie erzählst, ich hatte ja bereits erwähnt, dass Professor Till und sein Team gerade eine große Studie über Suizidprävention machen.
00:43:53: Und zwar möchten sie im Rahmen eines Forschungsprojekts eine neue Website entwickeln, die sich sowohl an Personen mit Suizidgedanken richtet, als auch an Menschen, die sich um jemanden sorgen, der vielleicht Suizidgedanken äußert, und auch an Personen, die jemanden durch Suizid verloren haben.
00:44:14: Und solltest du, liebe Hörerinnen oder lieber Hörer, zu diesen Menschen gehören, die eben in eine dieser drei Gruppen fallen, dann wäre das ganz super, wenn du das Projekt von Professor Till und der Studienleiterin Ines Spielvogel unterstützen würdest.
00:44:30: Die Teilnahme funktioniert online und weitere Informationen und der Link dazu sind in der Folgenbeschreibung unter dieser Podcastfolge.
00:44:39: Jeder, der sich für Suizid- oder Suizidprävention interessiert, ist herzlich eingeladen dieser Studie teilzunehmen.
00:44:43: Sie müssen keiner von diesen drei Zielgruppen sein, um an dieser Studie teilzunehmen.
00:44:46: Weil es gibt viele Leute, die sich einfach nur interessieren für das Thema, was ja auch durchaus verständlich ist.
00:44:53: oder sehr viele Leute betrifft, vielleicht nicht persönlich, aber eben durch den Kontakt mit anderen Menschen, die sind natürlich genauso herzlich angeladen.
00:45:00: Aber natürlich insbesondere diese Zielgruppen, die Sie gerade erwähnt haben.
00:45:03: Okay, also jeder kann sich diese Seite mal anschauen.
00:45:07: Ich ermundere dazu.
00:45:08: Und ich schlage vor, dann kommen wir jetzt mal zu den konkreten Tipps.
00:45:11: Was kann ich denn tun, wenn ich mich um eine liebe Person in meinem Umfeld sorge?
00:45:18: Wenn ich das Gefühl habe, dass jemand in meinem Umfeld die Gedanken hat, bitte sprechen sie das Person drauf an.
00:45:23: Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
00:45:25: Wir haben es schon angefangen darüber zu sprechen.
00:45:26: Es ist wichtig, dass man sich auch die Zeit dafür nimmt für diese Person.
00:45:30: Und wenn man dieses Gespräch führt, dann ist man einfach diese Person nicht belehrt.
00:45:34: Oder irgendwie schimpft deswegen.
00:45:36: Also das ist, wie kannst du nur daran denken oder du musst doch nur das oder das machen oder so.
00:45:42: Das ist doch kein Grund, sich das Leben zu nehmen.
00:45:44: Das hilft dem alles nicht dieser Person, sondern wirklich in erster Linie einfach mal zuhören.
00:45:50: Zuhören, was diese Person zu sagen hat.
00:45:52: Versuchen Sie mal alle anderen Sachen mal zu unterdrücken, irgendwelche Belehrungen und so weiter.
00:45:56: Natürlich kann man dann versuchen, in weiterer Folge Tipps zu geben, aber das Beste ist eigentlich, wenn Sie merken, okay, diese Person hat wirklich Suizidgedanken, dass man irgendwie schaut, dass diese Person professionelle Hilfe bekommt.
00:46:07: Man kann zum Beispiel in diesem Fall anbieten, dass man zusammen Recherchiert, wo kann man hingehen, zusammen auch hingeht zu dieser Stelle oder zusammen anruft oder was auch immer.
00:46:16: Das muss eben auch gar nicht alles beim Säbeling, sondern das soll man auch dann bei einer gewissen Zeit dann auch abgeben an die Profis sozusagen.
00:46:22: Und auch ist auch ganz wichtig, dass auch sie als Angehöriger oder Angehörige auch durchaus auch... selber anrufen können und sagen, auch wenn sie selber belastet sind, dadurch, dass jemand Suizid gedanken.
00:46:33: Sie könnten ja auch belastet sein, weil irgendein Verwandter oder ein Freund von ihnen oder dauernd über Suizid spricht oder offenkundig Suizids Gedanken hat und sie vielleicht sich helfen lässt oder auch nicht helfen lässt.
00:46:43: Das kann für einen selber auch belasten sein.
00:46:44: Also auch für sie oder für diese Personen sind diese Hilfseinrichtungen genauso gemacht.
00:46:50: Also viele trauen sich dann gar nicht an zu rufen, weil sie denken ja, das ist ja nur für die Zeps direkt betroffen.
00:46:55: Also das ist nicht so.
00:46:57: Also ein wichtiger Punkt.
00:46:59: Okay, also kurz zusammengefasst, wenn ich mir Gedanken mache, ansprechen, zuhören, nachfragen, mit Tipps zurückhalten.
00:47:10: Und bei der Hilfesuche unterstützen und entsprechende Links gibt es unter dieser Podcastfolge.
00:47:18: Und dann wollte ich abschließend vom Professor Till noch wissen, was eigentlich mit den Menschen ist.
00:47:24: denen das vielleicht wirklich widerfahren ist und die einen lieben Menschen, eine angehörige Person durch Suizid verloren haben.
00:47:32: Das ist natürlich ein schwerer Schlag.
00:47:35: Das ist auch für Leute, die das nicht selber erlebt haben, wirklich auch etwas, was man schwer nachvollziehen kann.
00:47:43: Man kann verstehen, dass es denen dann sehr, sehr schlecht geht, aber wie genau das kann ich niemand nachvollziehen, weil das wirklich ein herber Schlag ist.
00:47:50: Ich kann diesen Menschen, denen das passiert ist, die jemanden verloren haben, einfach nur raten, hier professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
00:48:01: Also man muss sich wirklich dann Zeit nehmen, auch eben runterzukommen, wirklich auf sich selber zu fokussieren, sich eine Auszeit zu nehmen, allzu viele Dinge zusätzlich kann ich da, glaube ich, auch nicht sagen als Professionelle Hilfe und sich eine Auszeit nehmen und seinen Gang zurück schalten und eben versuchen sich... mit anderen Menschen, einerseits mit der eigenen Familie, aber auch vielleicht auch mit anderen Leuten, die ähnliches erlebt haben, auszutauschen in irgendeiner Form.
00:48:24: Die haben halt auch das erlebt, was sonst niemand wirklich so nachvollziehen kann.
00:48:29: Ich kann nur weitergeben, was mir andere Angehörige, die jemand verloren haben, doch sie sich berichten, dass es besser wird, wenn man darüber spricht, wenn man mit anderen Leuten die Gleicherfahrung gemacht hat, sich austauscht, wenn man sich professionell Hilfe sucht und dass man dem auch Zeit gibt.
00:48:44: Mir wäre wichtig zu sagen, dass ... Egal in welcher Situation du als Hörerin oder Hörer gerade drin steckst, du garantiert nicht allein bist in dieser Situation.
00:48:57: Und ich möchte dich aus tiefstem Herzen ermuntern, dass du dir die Hilfe suchst, die du gerade brauchst.
00:49:04: Und ich sage danke, dass du bisher herzugehört hast.
00:49:07: Uns ist natürlich völlig bewusst, dass das ein riesiges Thema ist, ein sehr schweres Thema.
00:49:12: Wir haben versucht, dass einigermaßen ausführlich und gleichzeitig nicht reißerisch zu umspannen.
00:49:20: Sicherlich hätte es noch sehr viel mehr dazu zu sagen gegeben, aber wir möchten es für heute erst mal dabei bewenden lassen.
00:49:27: Vielen Dank an Professor Benedikt Till und an Dr.
00:49:31: Ines Spielvogel, die uns im Vorfeld mit Informationen versorgt haben und sich Zeit genommen haben für das Interview.
00:49:38: Ich danke Ihnen für die Zeit und die Möglichkeit.
00:49:41: Und unser Dank geht an alle Menschen, die sich professionell oder ehrenamtlich mit diesem Thema befassen und für all diejenigen da sind, die einen großen Leidensdruck haben.
00:49:54: Und kannst du eventuell noch aufklären, Christian, die Person, die du begutachtet hast, ist sie letztlich in die Klinik gegangen oder was habt ihr verabredet?
00:50:04: Ich hatte ein sehr gutes Gespräch und Hilfe ist von Nöten, aber akut in die Klinik ging es jetzt erstmal nicht.
00:50:13: Okay,
00:50:13: so.
00:50:14: Kann das sein?
00:50:15: Vielen Dank fürs Zuhören und sehr gerne hören wir uns am nächsten Sonntag wieder.
00:50:20: Und übrigens ist nächsten Sonntag unsere dreihundertste Podcast-Folge.
00:50:25: Ich habe das nur durch Zufall gerade realisiert.
00:50:27: Ich bin nicht so gut in sowas.
00:50:29: Aber dreihundert, das ist schon eine Menge.
00:50:31: Christian, bitte lass uns irgendwas Schönes überlegen für diesen Anlass.
00:50:34: Ich geb mir Mühe.
00:50:36: Okay, also gerne bis nächsten Sonntag.
00:50:39: Tschüss!
00:50:46: Das war's für heute.
00:50:47: Ich hoffe, du konntest eine Menge frischer
00:50:49: Gedanken für dich mitnehmen.
00:50:52: Mehr davon
00:50:53: gibt's auch auf meiner Seite www.franca-gerouti.de
00:51:01: Und
00:51:01: natürlich nächste Woche wieder hier.
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