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Krankheitsangst verstehen

Shownotes

Leidest du unter Krankheitsangst? In dieser Folge spricht Franca über die quälende Sorge, schwer erkrankt zu sein, obwohl alle Befunde unauffällig sind. Selbst berühmte und mit dem Thema gut vertraute Persönlichkeiten litten schon unter dem Teufelskreis aus Panik, (Selbst-)Untersuchung und wiederholter Beruhigung von außen. Warum Hypochondrie nichts mit Simulieren zu tun hat, warum manche Menschen zum Katastrophisieren neigen und welche Erkenntnisse helfen können, weniger zu scannen, weniger zu googeln und wieder mehr zu leben, erfährst du in dieser Folge. Und auf den berühmten Arzt, der darunter litt, wärst du vielleicht nie gekommen!

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Transkript anzeigen

00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode Psychologie To Go.

00:00:05: Das ist dein Podcast für hilfreiche Gedanken und Impulse direkt aus meiner psychotherapeutischen Praxis.

00:00:12: Hallo und herzlich willkommen und danke fürs Einschalten.

00:00:16: Ich bin Franka Girotti, Psychotherapeutin und heute geht es um die Angst vor Erkrankungen.

00:00:23: Und apropos Erkrankungen, ich habe heute eine etwas verschnupfte Stimme.

00:00:28: Und das Christian erkrankungsbedingt heute aussetzt, das hatten wir ja letzte Woche schon angekündigt.

00:00:34: Also irgendwie sind wir gerade beide ein bisschen erkältet.

00:00:38: Und was wir ja außerdem in der letzten Episode erzählt hatten, war, dass das unsere dreihundertste Folge war.

00:00:45: Und diesen Podcast gibt es jetzt schon ganz schön lange.

00:00:49: Und ein Ding, was mich damals Echt lange im Kopf richtig blockiert hat war, dass ich immer dachte, naja, was ist, wenn ich jetzt so mit bestem Wissen und Gewissen etwas erzähle und dann gibt es eine neue Studie oder eine neue Forschung oder irgendwas ändert sich und dann ist ja das, was ich erzählt habe, falsch.

00:01:09: Und dann ist das aber für immer zu hören und das hat mich eine Zeit lang schwer gequält, bis ich dann gedacht habe, naja, dann.

00:01:16: Ist das so?

00:01:17: Wissenschaft entwickelt sich weiter, die Forschung schreitet voran und in Hinblick auf Erkrankungsangst oder die sogenannte Krankheitsangststörung, die früher bekannt war als Hypokondrie, hat sich tatsächlich etwas verändert.

00:01:33: Und darauf möchte ich heute zu sprechen kommen.

00:01:36: Und außerdem möchte ich ein paar hilfreiche Gedanken dalassen für betroffene Menschen, aber vielleicht auch für angehörige Menschen, wie man damit umgehen kann, wenn man stark gequält ist davon, dass man eine Erkrankung haben oder entwickeln könnte und häufig unter Gedanken leidet eben an Folgen von Erkrankungen und so weiter.

00:01:55: Und zwar würde ich das gerne ein bisschen verbinden mit einem Fallbeispiel und zwar ist das der HF.

00:02:03: Herr F. hat die Befürchtung an einer schweren Krankheit zu leiden, und er sagt aber, dass er schon in seiner Jugend häufiger Starkes Herzrasen hatte Herzstolpern, Atemnot oder auch Magenbeschwerden und er habe damals schon immer befürchtet und fasenhaft auch sehr schwer darunter gelitten, das er eben dachte.

00:02:25: Das ist das Zeichen für eine tödliche Krankheit, die vielleicht einfach nur noch nicht entdeckt wurde oder nicht richtig diagnostiziert und er hat sich häufig ärztlich durchchecken lassen, ist aber nie was Organisches festgestellt worden und trotzdem könne sich sein Herz überhaupt nicht.

00:02:43: Aber es ist nicht nur das Herz, um das er sich sorgt, er tastet auch häufig seinen Körper ab, er hat große Angst vor einer Krebserkrankung und deshalb schaut er sich seinen Körper auch immer genau an, schaut auch im Spiegel, schaut auch im Mund- und Rachenraum und ist auch diesbezüglich sehr besorgt.

00:03:01: Und früher hätte man Herrn F. als Hypokonda bezeichnet.

00:03:06: Und dieser Begriff hat eine ganz interessante Wortherkunft, und zwar bedeutet hypounter, also das ist das altgriechische Wort, und chondros bedeutet knorpel, und damit sind die Rippenknorpel gemeint.

00:03:21: Also hypochondri bedeutet, wörtlich übersetzt, unter der Rippe.

00:03:27: Das hat damit zu tun, dass die alten Griechen die Idee hatten, dass dieses Ständige sich sorgen und Angst erfüllt sein, irgendwie aus der Region unter den Rippen kommt, aus dem Bauchraum heraus.

00:03:43: Das fußte auch auf dieser Idee, dass wenn Menschen in auffälliger Art und Weise bestimmte Stimmungen haben, dass das mit ihren Körpersäften zu tun haben könnte.

00:03:53: Und das klingt aus heutiger Sicht ein bisschen komisch, aber das war eben damals sozusagen State of the Art und der Begriff hat sich eben gehalten, also das hypochondrische Menschen, wenn man so will, ein Unwohlsein haben und Ängste, die irgendwo aus der Bauch und Brustgegend kommen.

00:04:13: Und dann wurde der Begriff aber lange Zeit, gerade auch so im Allgemeinsprach, Gebrauch sehr abfällig benutzt und er wurde vor allen Dingen genutzt, um Menschen damit zu bezeichnen, die sich Krankheiten ausdenken oder die auf Kleinigkeiten irgendwie übertrieben und wehleidig reagieren.

00:04:33: Also es ist auf jeden Fall ein sehr abwertender Begriff, sehr stigmatisierend und es ist in der Regel eben nicht empathisch oder mit fühlend gemeint gewesen, zu jemandem zu sagen, du bist ein Hypokonder oder du bist hypochondrisch, sondern da war im Grunde auch immer sowas mit gemeint, wie du stellst dich an, du übertreibst, du bildest dir das ein.

00:04:51: Und das ist halt ein total großes Problem, weil die betroffenen Menschen, die wirklich unter Erkrankungsangst leiden oder unter dieser Krankheitsangststörung, wie wir es jetzt nennen, die leiden ja wirklich.

00:05:04: Die haben wirklich große lebenseinschränkende Angst und deshalb ist es halt wirklich verletzend, das so abzutun.

00:05:12: Ja und weil das so ist, hat man im amerikanischen Diagnose Handbuch, also in dem Manual, auf das sich im amerikanischsprachigen Raum bezogen wird, präzisiert und überhaupt noch mal ein paar neue Gedanken dazu gefasst.

00:05:27: Damals hat man dann gesagt, das sind eigentlich zwei verschiedene Diagnosen.

00:05:31: Also zum einen haben wir das, was eben diese Krankheitsangst ist.

00:05:35: Da geht es wirklich primär um große Furcht, um große Besorgntheit in den Hinblick auf Erkrankung.

00:05:42: Und zwar auch, wenn entweder gar keine körperlichen Symptome da sind, aber die Angst ist halt dennoch da.

00:05:49: Oder wenn zwar Symptome da sind, Aber eigentlich nur ganz minimal.

00:05:54: Also da würde es zum Beispiel ausreichen, dass jemand vielleicht ein Muttermal hätte und eigentlich ist mit dem Muttermal alles in Ordnung.

00:06:02: Aber die Angst über das Muttermal und das, was sich daraus entwickeln könnte und auch die Beschäftigung mit diesem Muttermal ist halt total exzessiv.

00:06:12: Da steht eben die Angst deutlich im Vordergrund.

00:06:15: Und dann gibt es im DSM auch noch die somatische Belastungsstörung, da gibt es dann tatsächlich körperliche Symptome und die können auch belastend sein, aber die psychische Reaktion darauf, die ist halt exzessiv.

00:06:31: Also das Leiden unter diesen somatischen Beschwerden steht, sagen wir mal, in einem ungünstigen Verhältnis zu dem, was jetzt tatsächlich medizinisch vorliegt, also die Sorge und die Angst, die diese körperliche Erkrankung auslöst, ist exzessiv.

00:06:48: Und richtig interessant finde ich jetzt, dass in der International Classification of Diseases, das ist das Diagnosehandbuch, das von der WHO rausgegeben wird und worauf sich die meisten Behandler und Behandlerinnen in Europa beziehen, die ICD, die sind nochmal einen ganz anderen Weg gegangen, ganz neu seit Und das ergibt in meinen Augen total viel Sinn.

00:07:20: Also der dahinterliegende Gedanke ist, dass die Angst vor Erkrankung wirklich etwas obsessives hat.

00:07:28: und auch das Ausmaß, in dem die Gedanken angstvoll um Erkrankungsgeschehen sich drehen und man da nicht rauskommt und permanent sich gedanklich darum dreht, das ist schon tatsächlich zwanghaft.

00:07:43: Und auch das sogenannte Checkingverhalten, also den Körper eben zum Beispiel abzutasten oder sich ganz viel damit zu beschäftigen und Symptome zu googeln oder sehr häufig zum Arzt zu gehen, um sich untersuchen zu lassen, das könnte man in diesem Kontext fast wie eine Zwangshandlung dann verstehen.

00:08:03: Die letztlich dazu dienen soll, die Angst zu besänftigen.

00:08:08: Da hat also gerade erst aus Forschungssicht.

00:08:15: Und das ist mir noch mal ganz wichtig festzuhalten.

00:08:18: Also erstens werde ich sowieso nicht mehr von Hypokondrie sprechen, aber es geht eben um bei Weitem mehr als sich ein bisschen anzustellen oder zu übertreiben oder sich was auszudenken, sondern das folgt einem Mechanismus, der wirklich stark an Zwangsstörungen erinnert und diesen eben wie gesagt in der ICD-ELF jetzt auch zugeordnet ist.

00:08:39: Und das ist wichtig zu wissen, auch für alle Kollegen und Kolleginnen.

00:08:43: Wir arbeiten also an einem Zwang und nicht nur an der Angst.

00:08:49: Ich komme nochmal auf Herrn F zu sprechen.

00:08:51: Herr F ist ein sehr gebildeter älterer Herr und er ist Arzt.

00:08:58: Und das finde ich deshalb interessant, weil ich das ganz häufig von Medizinstudierenden höre, dass in dem Moment, in dem sie beginnen, sich mit allen möglichen Erkrankungen zu beschäftigen, sie plötzlich ganz viel von diesem Symptom auch an sich selber spüren und ihnen das auch Angst macht oder dass sie beginnen, angstvoll ihre Familie zu beobachten und auch da alle möglichen Diagnosen zu vermuten.

00:09:22: Und das ist nicht ganz untypisch, dass wenn man über ein fällt ganz viel weiß, wie jetzt zum Beispiel die Medizin und dementsprechend auch weiß, was es theoretisch alles gibt und auch weiß, was es seltenerweise, kurioserweise oder ab und an auch gibt.

00:09:40: Also man hat so plötzlich diesen Einblick.

00:09:43: in diese ganzen Möglichkeiten, dann kann das Menschen schon mal wirklich Angst einjagen.

00:09:48: Und so war es halt bei Herrn F auch.

00:09:50: Er hatte ja schon, wie gesagt, in seinen Dreißigern immer wieder verschiedene Angstbereiche, also mal eher so der Magen, mal eher so das Herz.

00:10:00: Und war eigentlich immer der Überzeugung, dass er da undiagnostiziert eine schwere Erkrankung hat.

00:10:07: Und in der ICD-ELF, also jetzt in dieser neuen Kategorisierungsliste unterscheidet man zwei Varianten.

00:10:14: Es gibt eine Krankheitsangst mit guter Einsicht.

00:10:18: Das heißt, die betroffenen Menschen, sie wissen eigentlich, dass die Angst das Problem ist und dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts Körperliches haben.

00:10:29: Und im Unterschied dazu gibt es auch Betroffene, die – und zu denen gehörte Herr F. früher – schon glauben, dass sie in Wirklichkeit eine ernste, schwere Erkrankung haben, die nur noch nicht entdeckt ist.

00:10:43: Und da spricht man dann von Krankheitsangst mit schlechter oder mit fehlender Einsicht.

00:10:49: Aber jetzt gehört der Herr F. eben zu der ersten Gruppe, also er weiß eigentlich, dass seine Angst irrational ist, aber Das zu wissen beendet die Angst ja nicht automatisch, das heißt, er leidet trotzdem darunter, aber da er ja diese Ängste jetzt auch schon einige Jahrzehnte von sich kennt und das soll gar nicht zynisch klingen, sondern wirklich ja auch die Erfahrung gemacht hat, dass er ja bisher auch nicht gestorben ist, zieht er jetzt in Betracht, dass eben vor allen Dingen die Angst das Problem sein könnte und eben doch nicht eine unentdeckte Erkrankung dahinter steckt.

00:11:23: konnten wir auch beobachten, dass nach der Pandemie oder auch je nachdem, wenn es eine starke Berichterstattung gibt, zum Beispiel hatten wir das, als es große Kampagnen gab, rund um das Thema HIV, dass das manchmal dazu führt, dass ganz viele Menschen Krankheitsangst entwickeln, aber häufig in einem sogenannten subklinischen Ausmaß.

00:11:46: Also das heißt, die haben dann schon Ängste und sind mit dem Thema stark beschäftigt, aber würden wahrscheinlich dennoch keine Diagnose bekommen.

00:11:55: Und was wir auch beobachten, und das ist aktuell unter dem Stichwort Cyberkondri bekannt geworden, das nämlich durch die vielen Möglichkeiten heute im Internet und auf Social Media viel über Erkrankungen zu lernen, dass das dazu beitragen kann, dass es die Sorgen und die Ängste verschlimmert.

00:12:16: Und bei Herrn F. als Mediziner ist es jetzt gar nicht so sehr das Internet, aber der hat medizinische Fachzeitschriften und hat wirklich jedes Symptom aus der Literatur exzessiv noch mal nachgelesen und nachgeblättert.

00:12:30: Und da erinnere ich mich auch an eine andere Patientin von mir, die hat den Psyrembil immer gelesen.

00:12:38: Das ist so ein medizinisches Standardnachschlagewerk.

00:12:42: Und das hat sie rauf und runter geblättert.

00:12:44: Also dieses Nachforschen und mehr darüber wissen wollen, ist ein typisches Phänomen.

00:12:49: Und das hat sich jetzt im Grunde durch die digitalen Möglichkeiten noch ein bisschen ausgedehnt unter dem Stichwort Cyberkondrie.

00:12:57: Ja, und was passiert jetzt?

00:12:58: Also, wenn jetzt jemand sich mit möglicher Symptomatik oder möglichen Diagnosen beschäftigt und gleichzeitig mit einer etwas übermäßigen und erhöhten Selbstaufmerksamkeit immer wieder so den eigenen Körper innen und außen abscannt, führt das halt in so eine Angstspirale hinein.

00:13:20: Also wenn man jede körperliche Regung im Grunde als bedrohliches Zeichen bewertet, dann macht das Aufregung, dann macht das Angst, das führt zu katastrophisierenden Gedanken und um die zu stoppen, versuchen die Betroffenen häufig irgendwie Kontrolle und Sicherheit zu gewinnen.

00:13:37: Und das passiert häufig über noch mehr Checking, also noch mehr Abtasten, noch mehr darüber Wissen, noch mehr Googeln, nochmal den Arzt aufzusuchen.

00:13:47: Also eigentlich sind das Versuche, die Angst in den Griff zu bekommen.

00:13:51: Es ist eine typische Reaktion auf Angst, mit Kontrollversuchen zu reagieren.

00:13:57: Aber das klappt halt nicht, sondern in diesem Fall führt das dazu, dass man sich immer weiter in die Angst hineinschraubt.

00:14:04: Und jetzt kann man sich ja fragen, warum haben das manche Menschen?

00:14:07: Warum sind die so empfänglich dafür?

00:14:09: Und da gibt es verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen kann.

00:14:13: Zum einen zeichnet sich ab, dass es mit Lernerfahrung in der Kindheit und der Jugend zu tun hat und mit Erfahrungen, die du gemacht hast.

00:14:20: Also, wenn tatsächlich real in der Biografie Erfahrungen gemacht wurden mit schwerer Erkrankung oder wenn es zu Todesfällen gekommen ist, dann kann das sein, dass du eben deinem Körper oder überhaupt dem Status von Gesundheit misstrauisch gegenüberstehst, dass du ängstlich auf alles reagierst, was abzuweichen scheint von dem, was du für gesund hältst.

00:14:43: Dann ist, wenn man so will, dein ganzes System auf Gefahr programmiert, denn du hast die Erfahrung ja vielleicht bereits einmal machen müssen, dass schlimme Sachen passieren können.

00:14:54: Und bei Herrn F. war es zum Beispiel so, dass sein jungerer Bruder verstorben ist und noch dazu kam, dass Danach seine Mutter für ihn so was wie emotional nicht mehr erreichbar war.

00:15:06: Das ist alles im Rückblick immer so schwer zu sagen, aber ich könnte mir halt vorstellen, dass die Mutter vielleicht über den Schock und über die Trauer selber in eine vielleicht depressive Reaktion hineingekommen ist und gar nicht so die Kapazität hatte, sich um den Herrn F. als Kind weiterhin zugewandt und aufmerksam und achtsam zu kümmern.

00:15:28: Und das mag so eine biografische Grundlage gelegt haben, dass zum einen eben die Lernerfahrung gemacht hat und die biografische Erfahrung, dass Krankheiten überall lauern, dass man ganz doll aufmerksam sein muss, dass man aufpassen muss, dass es schneller geht, als man manchmal meint und dass Krankheit jederzeit zuschlagen kann.

00:15:48: Also dieses unberechenbare, schicksalhafte, die Erfahrung hat er gemacht.

00:15:53: Und dann scheint es so zu sein, dass zum Beispiel ein unsicherer Bindungsstil ebenfalls diese spezielle Form von Krankheitsangst zu begünstigen scheint.

00:16:03: Und das hat vielleicht damit zu tun, dass unsichergebundene Menschen, also die ihre Bindungspersonen als nicht verlässlich und nicht zuverlässig und nicht ansprechbar erleben, zum einen sowieso vielleicht grundsätzlich etwas ängstlicher sind und sich auch ausgelieferter fühlen dieser Welt und allem, was sie so für uns im guten wie im schlechten bereit hält.

00:16:26: Also da muss ich mich allein drum kümmern.

00:16:29: Das kann einem Angst machen und eventuell führt das vielleicht auch dazu, dass diese Menschen, weil sie eben komplett auf sich allein gestellt sind, auch auf eine gewisse, angstvolle Art sich selbst beobachten, auf sich selbst achten, aber dadurch eben, wie ich gerade schon sagte, vielleicht auch im Sinne einer übermäßigen Autofokussierung oder eben Selbstaufmerksamkeit und im Sinne eines ständig in sich hineinhorchens Körpersignale eher negativ bewerten.

00:17:01: Ja und dann, ich habe schon gesagt, wenn man dann eigentlich um sich wieder Sicherheit selber zu geben oder um nach Bestätigung zu suchen, dass alles okay ist, wenn man dann anfängt, den Psyrembil zu lesen, zu googeln oder Fachzeitschriften durchzublättern, dann beruhigt ein das ja allenfalls ganz kurz, also genauso wie wenn die Ärztin oder der Arzt sagt, es ist alles okay, du hast nichts, dann beruhigt ein das für den Moment, aber gerade so exzessives Lesen von Gesundheitsthemen im Netz oder so, das verstärkt halt Ängste eher, anstatt sie zu lindern.

00:17:35: Und anstatt dass man dann einer beruhigenden Erklärung Glauben schenkt, fällt man oft ganz tief ins Rabbit Hole und findet eigentlich immer mehr Anlass zu sorgen, anstatt dass man ruhiger dadurch wird.

00:17:47: Und auch, wie gesagt, die Beschwichtigung oder auch die Aufklärung durch einen Fachmenschen hält häufig nur ganz kurz, weil Menschen mit Krankheitsangst in der Regel irgendwann sowas denken wie ja gut.

00:18:01: Letzten Monat hatte ich halt tatsächlich keinen Tumor oder keinen Schatten auf der Lunge oder keinen Schlaganfall, aber wer garantiert mir denn, dass es jetzt, drei oder vier Wochen später, nicht dann doch so ist?

00:18:14: und dann wird wieder externe Beruhigung gesucht und man kommt da im Grunde nur ganz schwer raus.

00:18:19: Und in dem Kontext übrigens, was das Googlen angeht und die sogenannte Cyberkondrie, zeigt sich, dass das Menschen insbesondere hart trifft, die nicht gut einschätzen können, welche Quellen seriös sind oder wie sie bestimmte Gesundheitsinformationen bewerten müssen.

00:18:36: Und so sehr ich das begrüße, dass wir ja auch auf Social Media zum Beispiel die Möglichkeit haben, so ganz viele Gesundheitsinformationen präsentiert zu bekommen.

00:18:47: Das kann im Großen und Ganzen für eine gute Aufklärung sorgen.

00:18:52: Das kann aber auch total nach hinten losgehen.

00:18:55: Und wenn man solche Muster nicht durchschaut und wenn man Was das angeht, nicht so aufzack ist, was ist eine seriöse Quelle, wer ist der Urheber, warum sagt die Person das und so weiter, dann kann das Ängste halt wahnsinnig schüren.

00:19:10: Und da treffen zwei Sachen aufeinander, es gibt ja nicht nur Menschen, die sich selber Angst machen durch ihre eigenen Gedanken und im Grunde zwanghaft an diesen Krankheitssorgen kleben, sondern klar, es gibt auch Menschen, die möchten gerne, dass du genau diese Angst hast.

00:19:26: Weil sie zum Beispiel finanzielle Interessen damit verbinden, dir gleichzeitig eine vermeintliche Lösung zu präsentieren.

00:19:32: Also bitte obacht, was so was angeht.

00:19:35: Also ich fasse noch mal bis dahin zusammen und dann teile ich gleich so ein paar Kerngedanken, die ich wichtig finde, als betroffene Person oder als angehörige Person zu verstehen.

00:19:45: um besser mit krankheitsbezogenen Ängsten umzugehen.

00:19:48: Wir sprechen nicht mehr von Hypokondrie wegen der negativen Kornotation und auch der unscharfen Begrifflichkeit, sondern wir sprechen von Krankheitsangst.

00:19:58: Seit Jahrzehnte und Jahrzehnte zählt das.

00:20:01: zu den Zwangsspektrumsstörungen und die wird dann diagnostiziert, wenn ein paar Punkte klar erfüllt sind.

00:20:08: Und dazu gehört zum einen eine anhaltende Beschäftigung mit der Möglichkeit, eine oder manchmal sogar mehrere fortschreitende Erkrankungen zu haben.

00:20:17: Und da geht es nicht um ein bisschen Sorge, sondern wirklich um eine ausgeprägte, ständige Angst, um die der Kopf sich dauernd dreht.

00:20:27: Und diese Beschäftigung mit dem möglichen Erkrankungsgeschehen ist eben im Verhältnis zu der objektiven medizinischen Situation exzessiv.

00:20:37: Also das heißt, wenn da ein kleiner Anlass ist, zum Beispiel habe ich jetzt aufgrund meiner Erkältung so ein bisschen geschwollen Lymphknoten, ich kann die so spüren, rechts und links unter dem Ohr, das wäre zum Beispiel etwas, was jemand mit Erkrankungsangst nicht gut mal eben so abtun könnte, oder?

00:20:56: sagen könnt ihr ja gut, ne?

00:20:57: Das ist jetzt so und dann geht das wieder weg, sondern so ein vergleichsweise kleiner Anlass führt zu einer unverhältnismäßig starken emotionalen Reaktion.

00:21:07: Also trotz entweder nicht vorhandener oder minimaler Symptome gibt es eine große, angsterfüllte, sorgenvolle Reaktion.

00:21:16: Und die Gedanken gehen halt wirklich jeweils in eine katastrophale Richtung.

00:21:20: Also die betroffenen Menschen haben jeweils Angst, dass das wirklich lebensbedrohlich ist.

00:21:26: Und dann zeigen sie halt Verhaltensweisen, die sich auf die Gesundheit beziehen.

00:21:31: Zum Beispiel tasten sie ihren Körper ab, was auch Herr F. macht oder sie googeln oder lesen nach oder gehen zum Arzt.

00:21:39: Oder, und das ist übrigens kein Ausschlusskriterium, das kann auch sein, dass sie überhaupt gar nicht ein Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, weil sie Sorge haben, dass sie dann ihren schlimmen Diagnoseverdacht auch noch bestätigt bekommen, also das gibt es auch.

00:21:58: Und das Ganze, und das ist jetzt das, was vielleicht die Medizinstudierenden beruhigt, das Ganze ist nicht eine Phase, die man mal so während des Studiums hat, sondern wir sprechen dann von einer Krankheitsangststörung, wenn diese Symptome über mehrere Monate hinweg.

00:22:16: anhalten, also wirklich ein übergreifendes Muster darstellen und im Fall von Herrn F sprechen wir von Jahrzehnten.

00:22:24: Und dann sprechen wir natürlich von erheblichem Leid, wir sprechen von einer ganz deutlichen Beeinträchtigung in ganz vielen Lebensbereichen.

00:22:32: Es kann zum Beispiel sein, dass diese Angst wirklich dafür sorgt, dass deine Beziehungen darunter leiden, dass du nicht gut schlafen kannst oder vielleicht, dass du nicht arbeitsfähig bist.

00:22:41: Und ich hoffe jetzt wird deutlich, also es handelt sich wirklich um eine psychische Erkrankung, die mit einem großen Leidensdruck einhergeht.

00:22:49: Das ist keine Bagatelle, das ist kein Quatsch, keine Befindlichkeit und keine Kleinigkeit, sondern das ist eine Therapiebedürftige, Behandlungsbedürftige psychische Erkrankung.

00:22:59: Und ich würde gerne ein paar Gedanken teilen, die nach meinem Dafürhalten essentiell sind, wenn wir mit Erkrankungsangst zu tun haben.

00:23:08: Und zwar erstens, das Problem ist nicht.

00:23:12: die mögliche Krankheit, sondern das Problem ist die Angst.

00:23:17: Denn es ist ja so, die meisten Menschen mit Krankheitsangst sind nicht krank, also nicht körperlich krank.

00:23:24: Und das lassen sie sich auch immer wieder in verschiedenen Praxen und von verschiedenen Ärztinnen und Ärzten bestätigen und sie unterziehen sich Untersuchungen und es wird jeweils nichts gefunden, aber die Angst bleibt.

00:23:36: Und das heißt, das eigentliche Problem ist ja jetzt zum Beispiel nicht der Hirntumor, den es gar nicht gibt, sondern das Problem ist die Tatsache, dass du vielleicht jeden Tag Stunden damit verbringst, dich über Symptome von Hirntumoren zu informieren, dich gedanklich damit zu beschäftigen, dass du Ängste hast, unter denen du leidest und die vielleicht dein ganzes Denken, dein ganzes Leben besetzen.

00:24:03: Das ist das Problem.

00:24:05: Und das ist jetzt auch der Grund, Warum in der neuen ICD-Elf, dass dem Zwangsspektrumsstörung zugeordnet wird, weil die Angst wirklich sowas Obsessives hat, wie ein Zwangsgedanke?

00:24:17: Unterständiger Checken, also das Abtasten, das Googeln, das zum Arzt gehen, das ist dann eben die Zwangshandlung.

00:24:24: Damit versuchen die betroffenen Menschen, ihre Angst eigentlich loszuwerden, aber im Grunde füttert man sie damit.

00:24:31: Und das ist ein ganz zentraler nächster wichtiger Punkt.

00:24:35: Kontrolle Ist keine Lösung, sondern Teil des Problems.

00:24:41: Und das ist total nachvollziehbar.

00:24:43: Wenn jemand Angst hat, ist der erste Impuls ja immer, boah, das muss ich kontrollieren lassen.

00:24:47: Ich muss mich absichern, ich muss sicher gehen, ich muss das checken.

00:24:51: Und nochmal ganz kurzfristig funktioniert das ja auch.

00:24:53: Also wenn man zum Beispiel seine Brust abtastet oder Herr F hat sein Gesicht und sein Kiefer häufig abgetastet, auch nach Knoten gesucht und so.

00:25:02: Und wenn man dann in dem Moment nichts findet, fühlt man sich kurzfristig erleichtert.

00:25:08: und atmet einmal kurz durch, aber langfristig gibt man sich selber das Signal, dass die Gefahr real ist und dass es wichtig ist, das ständig zu überwachen, denn da könnte ja jeden Moment tatsächlich was sein.

00:25:23: Und das kannst du dir vielleicht so vorstellen und so habe ich es auch in dem zu diesem Podcast gehörigen Buch beschrieben, das heißt auch Psychologie to Go und da habe ich verschiedene Arten von Angst nochmal genauer erklärt.

00:25:34: Also stell dir vor, du hättest ein Feueralarm in deinem Haus, aber der ist kaputt, der ist überempfindlich und der geht ständig an, obwohl es gar nicht brennt.

00:25:45: Und ich stell mir vor, im echten Leben, wenn das so wäre, würdest du ja wahrscheinlich auch irgendwann anerkennen.

00:25:50: dass der Feueralarm halt kaputt ist.

00:25:53: Und nicht jedes Mal, wenn dieser kaputte Alarm mal wieder anspringt, obwohl du nur Nudeln kochen wolltest oder gehustet hast oder sowas.

00:26:01: Also du würdest ja nicht jedes Mal, wenn der anfängt zu piepen, rausrennen, weil du ja verstanden hast, ach, das ist der blöde Feueralarm.

00:26:10: Und Menschen mit dieser Art von Krankheitsangst reagieren aber immer wieder aufs Neue so, als wäre der Alarm wichtig und richtig.

00:26:19: Und es müsste man den jedes Mal neu ernst nehmen.

00:26:23: Obwohl sie ja jedes Mal sehen, dass kein Feuer da ist.

00:26:26: Aber die Anspannung bleibt halt permanent und es wird immer wieder auf diesen Fehlalarm angsterfüllt reagiert.

00:26:33: Und besser wäre es aber, sich mal diesen kaputten Alarmsystem zuzuwenden.

00:26:39: und zu verstehen, das ist das Problem.

00:26:42: Nicht das Feuer, das ausbrechen könnte, sondern der übersensible Alarm.

00:26:48: Und so ist das mit der Krankheitsangst.

00:26:50: Jedes Mal, wenn du deinen Körper abcheckst, wenn du wieder Symptome googlst oder wieder zum Arzt gehst, dann bestätigst du die Wichtigkeit der Angst und auch die Richtigkeit und die Angemessenheit.

00:27:01: Das ist so, als wärst du wieder mal auf den Feueralarm eingegangen und Panisch rausgerannt, anstatt zu sagen, ah, das ist ja Feueralarm mal wieder.

00:27:12: Und dieses Checking oder auch man nennt das Reassurance-Seeking, also Rückversicherungsverhalten, das hält die Angst am Leben.

00:27:21: Also jedes Mal, wenn man eigentlich Beruhigung möchte, hält man dadurch im Grunde den Zwang am Leben.

00:27:29: Also sich rück zu versichern, zum Arzt zu gehen, die Freunde nochmal drauf gucken zu lassen.

00:27:35: nochmal die Symptome zu googeln, nochmal mit der Lupe drauf zu gucken, nochmal zu tasten.

00:27:40: Was auch immer, das ist letztlich so was wie eine Zwangshandlung.

00:27:45: Und ganz viele Menschen machen das dann immer öfter und immer dringlicher.

00:27:49: Und darin liegt eben keine echte Heilung, sondern das ist Teil der Störung.

00:27:56: Und noch ein interessanten Gedanken, der knüpft ein bisschen an das an, was Christian und ich, ich glaube in der letzten Podcast-Folge erzählt haben darüber, dass ja unser Gehirn eine Art Vorhersagemaschine ist, so haben wir es glaube ich genannt, so eine Art Hypothesenmaschine, also unser Kopf entwickelt, ständig Ideen, die in unsere Zukunft gehen und versucht möglichst gut vorher zu sagen, was als nächstes kommen wird.

00:28:25: Und ich hatte schon gesagt, dass es Zusammenhänge zu geben scheint, zu biografischen Erfahrungen, traurigen, tragischen, vielleicht sogar traumatischen Erfahrungen, die sich um Gesundheit, Krankheit und Tod drehen und das vielleicht sogar auch ein unsicherer Bindungsstil eine Rolle spielen könnte.

00:28:43: Und ich stelle mir jetzt also vor, dass eine Person ohne solche Erfahrungen vielleicht Vorhersagen für die Zukunft trifft, nicht bewusst, sondern das läuft natürlich ganz unbewusst.

00:28:55: So nach dem Motto neuer, ich bin jetzt gesund und ich werde auch in Zukunft gesund sein.

00:28:59: Oder auch ich habe vielleicht jetzt ein Zipperlein, aber das wird schon wieder.

00:29:03: Also das heißt, dass die Vorhersagen, die wir für unsere Zukunft treffen, aus einem diesbezüglich stabilen, unverwundeten Geist sozusagen positive Zukunftsprognosen entwickeln.

00:29:15: Aber mit einer ganz anderen Vorgeschichte, und einer traurigen oder tragischen oder vielleicht sogar traumatischen Vorerfahrung.

00:29:23: Da halte ich das für total möglich und wahrscheinlich, dass dann unser Geist so ein Zukunftsbild entwickelt.

00:29:30: So, ja, ja, du fühlst dich vielleicht jetzt gesund.

00:29:33: Aber das bedeutet ja gar nichts für die Zukunft.

00:29:36: Und du fühlst dich jetzt vielleicht auch ein bisschen wackelig.

00:29:39: Und das könnte bedeuten, dass schon morgen da was Schlimmeres draus geworden ist.

00:29:44: Oder diese Schwellung oder dieser Kopfschmerz oder so.

00:29:47: Also das so zu sagen.

00:29:50: Das Bild, das unser Geist uns für unsere Nähe und weitere Zukunft entwickelt, eben nicht grundsätzlich positiv und optimistisch und was unsere Gesundheit angeht, auch ganz stabil ist.

00:30:01: Das kann ich mir schon vorstellen.

00:30:03: Und wenn bei Menschen mit Krankheitsangst, also diese unbewussten Zukunftsvorhersagen sowieso schon auf Gefahr eingestellt sind und das Gehirn so was wie erwartet, dass irgendwas Schlimmes passieren könnte, Dann macht das das auch umso wahrscheinlicher, das auch harmlose Körpersignale, also ein Ziehen oder ein Kribbeln oder keine Ahnung, die Hand ist eingeschlafen oder irgendwas, dass das als Bestätigung der negativen Vorhersage gewertet wird und als Beweis, dass halt irgendwas nicht stimmt.

00:30:33: Und ich habe gerade schon vom Feuermelder gesprochen, ich habe noch eine andere Metapher, das ist so, wie als hättest du einen verzerrten Filter.

00:30:42: Also die gleichen Körpersignale, die bei anderen Menschen auch vorkommen, werden im Kopf von jemandem eben mit einer anderen Vorerfahrung und mit einer anderen Prägung einfach durch einen anderen Filter geschickt und vom Gehirn ganz anders bewertet.

00:30:59: Dann hat eben dein System gelernt, dass das relevante Signale sein könnten, das was Schlimmes folgen könnte und dass du jetzt reagieren musst.

00:31:09: Und das ist eben ein Problem.

00:31:11: und dann muss man aber eben wiederum zu dem Schluss kommen, dann stimmt was nicht mit dem Filter.

00:31:18: Das Gute ist aber, dass man das ja um lernen kann.

00:31:22: Aber dafür ist das Wichtigste natürlich genau erstmal diese erste Schritt zu verstehen, dass nicht mögliche Krankheiten das Problem sind und auch nicht der Körper, sondern die Art und Weise, wie das Gehirn von Menschen mit Krankheitsangst diese Signale interpretiert.

00:31:40: Und zu der Körperwahrnehmung habe ich auch noch einen wichtigen Gedanken.

00:31:44: Mir ist das schon häufiger mal begegnet, dass Menschen Mit Krankheitsangst denken, sie hätten eine besonders gute Körperwahrnehmung.

00:31:54: Und sie glauben auch, dass sie mehr spüren als andere Menschen.

00:31:58: Tatsächlich zeigt die Forschung aber, dass sie nicht mehr fühlen, also sie sind nicht introzeptiv akkurater oder korrektor oder breiter aufgestellt.

00:32:12: Also sie haben objektiv keine bessere Fähigkeit, Körpersignale wahrzunehmen.

00:32:16: Aber sie reagieren heftiger.

00:32:20: Also was sich unterscheidet, ist die Bewertung.

00:32:23: Und das zeigt einmal mehr so ein bisschen die Verzerrung.

00:32:27: Also es sind nicht die feinfühligeren Menschen, es sind die ängstlicheren Menschen.

00:32:33: Und das ist vielleicht so einer der wichtigsten Punkte.

00:32:36: Wir alle wollen gerne Sicherheit haben.

00:32:39: Und wenn es sowas gäbe, würden wir alle gerne die Garantie haben, dass wir gesund sind.

00:32:45: dass wir gesund bleiben, dass uns nichts passieren wird.

00:32:48: Aber die Wahrheit ist natürlich, dass es so eine absolute Sicherheit nicht gibt.

00:32:54: Niemals.

00:32:55: Für niemanden.

00:32:57: Also das ist einfach Fakt, dass wir alle mit Unsicherheit leben müssen.

00:33:04: Und Menschen mit Krankheitsangst versuchen halt, diese Unsicherheit zu eliminieren.

00:33:09: Und genau das funktioniert aber eben nicht.

00:33:14: Und ich sage jetzt was, was ich schon ganz oft gesagt habe, auf Angst mit Kontrollversuchen zu reagieren, ist nicht hilfreich.

00:33:23: Sondern es geht immer darum, eine bessere Unsicherheitstoleranz aufzubauen und damit leben zu können, dass wir keine Garantien haben und dass alles Mögliche möglich ist in jedem Leben, aber zum Glück ja auch nicht alles davon wahrscheinlich.

00:33:40: Und das Gute ist, Krankheitsangst.

00:33:43: als Zwangsspektrumsstörung ist behandelbar.

00:33:47: Du musst also mit diesen ganzen Ängsten nicht weiterleben.

00:33:50: Es gibt wirksame Therapien, vor allen Dingen die kognitive Verhaltenstherapie hat sich als wirksam erwiesen.

00:33:57: Aber das muss man auch klar sagen, das Ziel dieser Therapie ist nicht, dass die Angst verschwindet und du nie wieder besorgt bist, sondern das Ziel ist, dass du lernst, anders mit der Angst umzugehen und sie nicht mehr zu füttern und auszusteigen aus Zwangsgedanken und Zwangshandlungen und rauskommst aus diesen Kreisläufen, die dich wirklich festhalten und auch viel Zeit kosten.

00:34:22: Und bevor ich jetzt noch was zu Herrn F. sage, fasse ich es nochmal zusammen.

00:34:27: Das Problem ist die Angst.

00:34:30: und nicht die mögliche, aber wahrscheinlich nicht vorhandene Krankheit.

00:34:35: Kontrolle macht es schlimmer und nicht besser.

00:34:39: Rückversicherung und ständig bei anderen Menschen sich Bestätigung einzuholen, dass man gesund ist.

00:34:45: Das ist nach neuerem Verständnis eine Zwangshandlung, eine obsessive Handlung.

00:34:52: Das Gehirn ist sowas wie ein überempfindlicher Feuermelder, der es falsch justiert, und es ist nicht günstig, immer wieder diesen Alarm zu bestätigen und ihm dadurch immer mehr Wichtigkeit zu geben.

00:35:07: Und der tatsächliche Lernprozess liegt darin, Unsicherheit auszuhalten und mit Unsicherheit leben zu lernen.

00:35:18: Und jetzt noch Einsatz zu Herrn F. Es handelt sich um Siegmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse.

00:35:27: Ich habe mehrere Artikel und Hinweise gefunden, die berichten, dass Siegmund Freud ganz viel mit dem Thema Tod und Krankheit beschäftigt war, dass er in seinen Dreißigern unter starken Herzbeschwerden gelitten hat, die einige spätere Psychoanalytiker und Biografen als Symptome einer damals sogenannten Angsthysterie interpretiert haben.

00:35:52: In mehreren Briefen lässt sich herauslesen, dass er häufig starke Angst um sich hatte, um seine Gesundheit hatte, dass er auch sein Gesicht und seinen Kiefer häufig abgetastet hat nach Tumoren und dann hat er tatsächlich irgendwann Krebs bekommen und ist im Alter von dreiundachtzig Jahren verstorben.

00:36:12: Und warum erzähle ich das?

00:36:13: Natürlich können wir heutzutage nicht mehr genau wissen, ob Siegmund Freud wirklich unter Erkrankungsangst gelitten hat oder nicht, oder ob das subklinisch war oder ob er doch eine Herzerkrankung hatte.

00:36:25: Wir können es nicht wissen.

00:36:26: Aber ich halte es für möglich, dass selbst der Vater der Psychoanalyse von Krankheitsangst betroffen war.

00:36:32: Und das zeigt, wie menschlich das ist und auch das große Kenntnis und ein breit aufgestellter Intellekt nichts damit zu tun hat.

00:36:41: Ganz im Gegenteil, gerade medizinische Kenntnisse machen das Problem manchmal noch schlimmer.

00:36:47: Und ich erzähle es aber auch, weil es einmal mehr zeigt, dass sollte es so sein.

00:36:52: Und Siegmund Freud hat sich Jahrzehnte lang mit seiner Gesundheit und mit seiner Krankheit beschäftigt.

00:36:58: Dann hat ihn das dann doch am Ende einerseits nicht geschützt, denn er ist an Krebs erkrankt, aber andererseits ist er gleichzeitig auch eighty-three Jahre alt geworden.

00:37:09: Seine Auseinandersetzung mit Ängsten und dem Tod hat mit Sicherheit seine Theorien geprägt und hat die Psychoanalyse vielleicht mit ins Leben gebracht.

00:37:19: Aber trotzdem dir, liebe Hörerinnen oder lieber Hörer, wünsche ich das natürlich nicht, dass du deine wertvolle Lebenszeit verbringst, indem du dich mit tausend Krankheiten in deinem Kopf beschäftigst, während du im Grunde eine Erkrankung hast, die man gut therapeutisch in den Griff bekommen kann, nämlich die Erkrankungsangst.

00:37:41: Es ist immer günstiger, psychische Erkrankungen eher früher in Angriff zu nehmen, anstatt sie chronifizieren zu lassen, also solltest du jetzt sehr nachdenklich geworden sein oder irgendwie das Gefühl haben, hoch, vielleicht betrifft mich das, dann sprich doch vielleicht mal zur Abklärung mit einem Fachmenschen.

00:38:01: Ich sag vielen Dank fürs Zuhören und wie immer schalt gerne am nächsten Sonntag wieder ein.

00:38:06: Bis dann, tschüss!

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