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3 Wege, wie du deine Vergangenheit hinter dir lässt

Shownotes

Weihnachten ist gerade vorbei und wir haben wieder ein Jahr mehr Vergangenheit in unserem Leben. Da ist auch mal die Frage erlaubt, wie wir mit den schwierigen oder belastenden Erfahrungen (bis zurück in Kindertage) am besten umgehen. Denn die erhöhen zwar nachweislich Risiken für spätere Probleme, aber sie sind kein Schicksal. Franca und Christian empfehlen heute drei bewährte Methoden, mit alten Schwernissen besser umzugehen. Wie man an einer schwierigen Vergangenheit wachsen kann aber warum das keine Pflicht sein darf und warum das fast nie von alleine passiert, erfahrt ihr in dieser Folge zum Jahresausgang.

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Transkript anzeigen

00:00:01: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode Psychologie To Go.

00:00:05: Das ist dein Podcast für hilfreiche Gedanken und Impulse direkt aus meiner psychotherapeutischen Praxis.

00:00:12: Hallo und herzlich willkommen zu dieser letzten Folge Psychologie To Go des Jahres.

00:00:21: Eingebettet in die Märchenfolgen, also ganz vorbei, Ist das ja eigentlich noch gar nicht, aber in unserer sonntäglichen Psychologie-to-go-Reihe ist es jetzt die letzte im Dezember, die wir aufnehmen.

00:00:34: Und wir haben uns gedacht, das wäre eine schöne Gelegenheit, vielleicht mal darüber zu sprechen, wie wir zurückblicken können.

00:00:43: Auf das vergangene Jahr, aber vielleicht auch auf einen größeren Zeitraum.

00:00:47: Also, wie könnte eigentlich ein konstruktiver Umgang mit der eigenen Vergangenheit aussehen?

00:00:54: Und wir haben Drei Tipps, wie man, wenn nötig, vielleicht auch mit Aspekten von der Vergangenheit abschließen kann oder seinen Frieden machen kann mit bestimmten Dingen.

00:01:04: Und ich mach das nicht alleine, sondern neben mir sitzt wie fast immer mein lieber Ehemann Christian Weiß.

00:01:12: Hallo Weißheit.

00:01:15: Hallo Schönheit.

00:01:17: Christian, mal uns in der Praxis.

00:01:18: habe ich das Gefühl, wenn wir über den Umgang mit der eigenen Vergangenheit sprechen, dann begegnen uns manchmal so zwei Typen.

00:01:26: So, es gibt einerseits Menschen, die sagen, na ja, klar, meine Vergangenheit hat mich geprägt, ich bin das Produkt meiner vergangenen Erfahrungen und ich bin so und ich bleib so und so wurde ich sozusagen gemacht.

00:01:43: Und die anderen kommen und sagen, das habe ich mit meiner Vergangenheit zu tun, so mehr oder weniger.

00:01:48: Die schätzen das auch nicht, wenn wir im therapeutischen Prozess mal auf die Biografie zu sprechen kommen, weil sie sagen, ach, Olle Kamellen, haken dahinter.

00:01:57: Ich heutzutage kann ja wohl tun und lassen und machen und denken, wie und was ich will.

00:02:03: Meine Vergangenheit, ja gut, die war nicht toll, hat mir aber auch nicht geschadet, brauchen wir nicht drüber reden.

00:02:08: Also die einen fühlen sich sozusagen durch ihre eigene Vergangenheit so was wie Determiniert.

00:02:13: festgelegt und die anderen fühlen er überhaupt keine Zusammenhänge.

00:02:18: Erlebst du das auch so?

00:02:19: Ist mir beides schon begegnet, wobei ich glaube, dass die meisten Menschen so eine Art Mischform sind und mehr zu der einen und mehr zu der anderen Seite tendieren.

00:02:26: Aber was viele Menschen haben und was wir bestimmt aus eigener Erfahrung auch kennen, ist, dass man bestimmte, sagen wir, Wesensarten, Eigenschaften, Denkweisen oder bestimmte Nickeligkeiten ganz schwer los wird und gar nicht genau weiß, woher das eigentlich kommt.

00:02:42: Und deswegen gehört die Biografie und Biografiarbeit immer in den therapeutischen Prozess mit rein.

00:02:49: Es gibt auch Klienten, die möchten praktisch nur über die Vergangenheit sprechen und haben das Gefühl, dass wenn nur die Vergangenheit etwas klarer wird, sich alle Probleme der Zukunft auflösen.

00:03:00: Und das ist auch nicht so.

00:03:02: Wir hatten ja mal eine ganz schöne Folge, warum du ein Auto bist oder so ähnlich.

00:03:06: Wie ist die?

00:03:07: Ja, einer von unseren sehr catchy, gut gewählten Titeln.

00:03:10: Seomäßig, mega sinnvoll.

00:03:13: Das findet niemand.

00:03:14: Na gut.

00:03:15: Aber die ist gut, die Folge.

00:03:16: Da haben wir drüber gesprochen, dass es wie in einem Auto so ist, dass deine Vergangenheit im Rückspiegel liegt und deine Zukunft liegt hinter der Fronscheibe.

00:03:25: Und das eine ist klein und das andere ist groß.

00:03:28: Und dass man es vielleicht auch so betrachten sollte.

00:03:31: Also wir betrachten es so.

00:03:32: im therapeutischen Kontext, aber auch ganz allgemein gesprochen, wenn man diese Metapher mal gelten lassen will, ist es halt nicht sinnvoll, seine Zukunft und auch sein Hier und Jetzt anzugehen, während man gleichzeitig mit dem Blick am Rückspiegel klebt oder sogar im Schulterblick sozusagen, kommst du nicht gut vorwärts.

00:03:51: Aber gleichzeitig ist auch die Wahrheit, wo du jetzt bist, hängt natürlich damit zusammen.

00:03:56: Wo du vorher warst und wo du herkommst, natürlich hängt das zusammen.

00:04:00: Gab es das, was Tim Rückspiegel siehst nicht, wärst du jetzt nicht hier.

00:04:04: Ist so.

00:04:05: Die Frage ist ein bisschen, was hilft uns das?

00:04:08: Und wenn wir unsere Vergangenheit betrachten, wenn wir uns das letzte Jahr betrachten, so im Kleinen schon mal, dann lässt sich sagen, dass wir Menschen immer irgendwelche Fehler machen.

00:04:17: Beispielsweise betrachten wir das vergangen Jahr, je nachdem, wie wir uns gerade im Moment fühlen, geht es uns im Moment gerade von der Stimmung eher schlecht.

00:04:25: Tendieren wir dazu, auch das zurückliegende Jahr vielleicht auch viel mehr Zeitraum auch schlecht zu bewerten.

00:04:33: Im guten Übrigen, es passiert das auch.

00:04:36: Haben wir eine hervorragende Stimmung?

00:04:38: Betrachten wir die Vergangenheit vielleicht zu positiv?

00:04:42: Aber was würde jetzt bedeuten?

00:04:44: Zu positiv?

00:04:45: Also zu negativ?

00:04:48: Klar, kann ich mir vorstellen, dass das auch ganz negative Spiralen-Ingang bringt.

00:04:52: Also weil das bedeutet, wenn ich mich jetzt schlecht fühle... vielleicht irgendwie ein bisschen gedrückt oder Bocklos oder Schmerzen habe oder was weiß ich, dann klar legt sich das so wie ein Schleier über meine Wahrnehmung und ich habe die Tendenz auch eher ähnliche Momente in meinem vergangenen Zeitraum zu sehen oder vielleicht auch wirklich besser fühlen zu können.

00:05:15: Richtig.

00:05:15: Und das wiederum macht ja Rückkopplungsschleifen wiederum auf meine jetzige Stimmung.

00:05:20: Also da kommt man ja in einen negativen Kreislauf rein.

00:05:23: Ich fühle mich jetzt schlecht, deshalb sehe ich nur das Schlechte.

00:05:26: Das macht, dass ich mich jetzt schlecht fühle.

00:05:28: Und das hilft wiederum den negativen Erinnerungen auf die Bühne.

00:05:35: Aber was könnte schlecht sein an der guten Stimmung und den guten Erinnerungen?

00:05:39: Wie meinst du das?

00:05:40: Man lernt dann nicht gut draus.

00:05:42: Wenn du das Gefühl hast, alles ist super gewesen, alles ist perfekt gelaufen, dann kannst du keine echten Lehren daraus ziehen.

00:05:50: Also kannst du schon, wenn es nur realistisch ist.

00:05:53: Das heißt, bist du im Moment in einer indifferenten Stimmung, weder besonders gut noch besonders schlecht gelaunt, denkst du an deine Vergangenheit und möchtest daraus was lernen, dann kann da was Gutes bei rauskommen.

00:06:03: Ist es aber stark verzerrt, nach negativ oder positiv ziehst du die falschen Schlüsse und kannst nicht gut lernen.

00:06:08: Also das heißt du hast zwar Erfahrungen gemacht, du wertest sie aber nicht aus, so dass sie dir für die Zukunft was nutzen.

00:06:15: Also du bist, um bei deinem Auto mit Hafer zu bleiben, vielleicht... Dreimal in den Graben gerast, aber wenn du da gar nicht mehr drüber nachdenkst, wie es dazu kommen könnte, wirst du immer wieder in diesen Graben rasen.

00:06:27: Bis

00:06:27: dir auffällt, ah, da gibt es so ein Schild, das zeigt an, dass es eine rutschige Straße sein könnte und du solltest nicht so schnell fahren.

00:06:33: und Achtung Kurve.

00:06:35: Das würdest du dann nicht lernen und insofern ist es auch günstig, diese Dinge aus deiner Vergangenheit zu beleuchten.

00:06:42: Genau, ich plädiere für eine möglichst realistische Rückschau.

00:06:45: Mal ganz egal, wie lang der Zeitraum ist.

00:06:47: Ja, okay, interessant.

00:06:49: Wo du gerade sagst, realistische Rückschau, finde ich es in diesem Kontext auch interessant, vielleicht nochmal so ein paar Dinge gerade zurück, die eventuell nicht ganz intuitiv sind und die sich vielleicht im ersten Moment sogar fast falsch anhören.

00:07:04: Aber viele Menschen denken, dass seelische Schieflagen oder psychische Erkrankungen immer in einer schlechten Kindheit fußt oder immer mit biografisch-mesen-bösen Erfahrungen zu tun hat.

00:07:18: Und da muss man klar sagen, das ist nicht der Fall.

00:07:21: Nein, es gibt keinen linearen Zusammenhang.

00:07:24: Also es gibt einen Zusammenhang.

00:07:28: Wenn dir sehr viel Schlechtes in deiner Kindheit widerfahren ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dir im erwachsenen Alter schlechter geht, höher.

00:07:39: Genau, aber wir reden da über Risikofaktoren und eben nicht lineare... eindeutige Zusammenhänge, sprich jeder, der eine schwere Zeit hinter sich gebracht hat, trägt automatisch einen, wie auch immer gearteten, Knacks davon.

00:07:55: Es kann sogar manchmal das Gegenteil der Fall sein, dass Menschen gerade aus schwierigen Lebensphasen hervorgehen und haben an Resilienz und an Stärke dadurch gewonnen, wenn neben.

00:08:11: den belastenden Ereignissen auch Schutzfaktoren vorhanden waren.

00:08:16: Das scheint in dem Zusammenhang ganz wichtig zu sein.

00:08:19: Wir haben während unseres Aufwachsens alle irgendwelche ansatzweise schlechten Erfahrungen gemacht, mehr oder weniger.

00:08:26: Das kann man in der Forschung zum Beispiel nicht so gut auseinanderziehen, deswegen beschränkt man sich auf die sogenannten Adverse Childhood Experiences.

00:08:35: Also wirklich schlechte Kindheitserfahrungen, die man ganz gut benennen kann.

00:08:40: Das heißt, man hat ein gewalttätiges Elternteil gehabt.

00:08:44: Es gab eine schwierige Scheidung mit sehr viel hochstrittigen Familiensituationen.

00:08:51: Es gab Gewalt oder es gab Vernachlässigung.

00:08:54: Diese Punkte, die kann man, wenn man so etwas beforschen will, einfach genau herausgreifen.

00:08:59: Und von denen weiß man auch, dass die ganz klar... und offensichtlich eine schwere Belastung für den Menschen darstellen.

00:09:05: Erstaunlicherweise sind die verhältnismäßig häufig, man spricht von sixty-sechzig Prozent, also von zwei Drittel der Menschen, die mindestens eine solche Erfahrung in ihrem Leben gemacht haben.

00:09:18: Die aber nicht alle eine psychische Erkrankung im späteren Leben entwickeln.

00:09:24: Und man kann auch eine Depression, eine Angststörung oder ähnliches entwickeln später im Leben ohne dass man zu diesen sixty-sechzig Prozent mit schwierigen Kindheitserfahrungen dazugehörte.

00:09:38: Ich möchte nicht negieren, dass das natürlich ein Risikofaktor ist, ein großer Risikofaktor.

00:09:43: Mir geht es nur darum, dieses Bild ein bisschen aufzuweichen, dass eine schwierige Vergangenheit Auf jeden Fall eine Katastrophe ist einerseits, das muss sie nicht sein und zum anderen möchte ich ein bisschen die Hoffnung dämpfen von all denjenigen, die das Gefühl haben, ich muss nur ordentlich in meiner Biografie aufräumen und dann wird es mir jetzt gut gehen.

00:10:05: Das ist halt auch nicht immer so.

00:10:07: Das ist nicht so und es gab, das lässt jetzt Gott sei Dank wieder nach, auch die Tendenz, wenn es jemandem schlecht ging, dann in der Kindheit zu wühlen, in der Biografie zu wühlen und möglichst Katastrophaler Ereignisse zu finden,

00:10:22: die das hier und heute erklären sollen.

00:10:24: Und was dabei halt gar nicht mal so selten passiert ist, dass letztlich falsche Erinnerungen produziert werden unter der Erwartungshaltung.

00:10:34: Da muss doch was gewesen sein.

00:10:37: Also unser Umgang mit der Vergangenheit, das ist eigentlich nur das, was ich sagen wollte, ist komplex.

00:10:43: Und es ist ein sehr großes, sehr vielschichtiges Thema.

00:10:47: mit sehr vielen relevanten Aspekten, die man eigentlich beleuchten müsste.

00:10:51: Wozu wir aber in dieser Podcast-Folge gar nicht kommen.

00:10:54: Und egal, wie viel Mühe wir uns geben, das kann man auch nicht erwarten, dass wir in einer kurzen Podcast-Folge das hier und heute gleich verbessern, indem wir in einem Auffasch Biografie und Erinnerungsarbeit kurz erklären.

00:11:06: Ja,

00:11:06: das wird nicht klappen.

00:11:08: Nichtsdestoweniger haben wir trotzdem.

00:11:11: Drei.

00:11:11: Wege zusammengetragen, wie man mit seiner eigenen Vergangenheit umgehen kann, vielleicht sogar, wie man sie nochmal ganz neu begucken kann, so dass man davon profitiert oder sie vielleicht auch abschließen oder ruhen lassen kann und sich eventuell, wenn nötig, sogar ein bisschen von der eigenen Vergangenheit emanzipieren kann.

00:11:32: Für besonders hilfreich halten wir zum einen Akzeptanz, dass man lernt, damit zu leben, was war.

00:11:40: ohne das ständig bekämpfen zu müssen.

00:11:42: Oder auch hinterfragen zu müssen.

00:11:44: Also ganz kurze Klammer auf.

00:11:46: Das kann unter bestimmten Umständen bei Menschen wirklich eine schwere Belastung werden, wenn sie ständig in ihrer Vergangenheit wühlen und sich so nach der Motto und was wäre wenn und hätte ich nicht lieber und auch wäre es doch anders gekommen, immer wieder rückwärtsgerichtete Zweifel hegen.

00:12:06: oder glauben, sie hätten sich nicht optimal entschieden oder so.

00:12:10: Das kann bei Zwangsstörungen, bei Angststörungen eine große Rolle spielen und deshalb ist Akzeptanz für das, wie es nun mal war und wie es jetzt ist eine ganz wichtige Säule.

00:12:22: Das Haar dann immer wieder mit dem gleichen Thema, das hervorrufen von der Erinnerung immer wieder mit den gleichen Bildern, das sorgt ein bisschen dafür.

00:12:31: Und das ist eine ganz neurobiologische Normalheit, dass diese Wege in unserem Gehirn wie ausgetreten werden.

00:12:38: Unser Gehirn ist ein Stromsparer.

00:12:41: Und wir sind Strom und Chemie und das möchte aber Strom sparen.

00:12:44: Es geht immer den Weg, der schon breit gebahnt ist.

00:12:47: Wie Wasser, das in möglichst gelatten Flussbett läuft.

00:12:51: Und auch wenn das die falsche Richtung ist und wenn es kompliziert dadurch läuft.

00:12:55: Das ist dem Gehirn egal.

00:12:56: Hauptsache, es ist gut ausgetreten.

00:12:59: Was ja aber auch interessant ist, im Hinblick auf Vergangenheit und dieses Erleben von manchen Menschen, dass sie jetzt halt sind, wie sie sind, weil ihr Leben so war, wie es war, es fühlt sich manchmal tatsächlich so an, als könnte man ja gar nicht anders denken, als könnte man sich gar nicht anders verhalten.

00:13:15: weil das so anstrengend ist.

00:13:16: Und Franka von alleine passiert das eben auch nicht.

00:13:19: Ja.

00:13:21: Du musst einen Entschluss tatsächlich dazu fassen, für dich.

00:13:24: Aber jetzt habe ich dich mit meiner Klammer unterbrochen.

00:13:26: Erstens war die Akzeptanz.

00:13:29: Und dann wollte ich sagen, man kann das narrativ verändern, der eigenen Biografie, der eigenen Geschichte.

00:13:35: Wir haben ja eine Idee, wer wir sind.

00:13:38: Und meistens gibt es dazu auch eine Geschichte.

00:13:41: die aus unserer Biografie und dem, was wir getan haben, kommt.

00:13:44: Und die Geschichte, die wir uns über uns selbst erzählen, ist gar nicht so unveränderlich, wie man glaubt.

00:13:50: Und das macht aber sehr aus, wie es dir geht.

00:13:53: Das stimmt.

00:13:55: Was deine gefühlte, tatsächliche Identität ist.

00:13:58: Ich sage immer, es ist ganz schwierig für Menschen, wenn zwei Sachen nicht stimmen, entweder die Kontrolle verloren geht, das fühlt sich immer furchtbar an, oder die Identität in der Realität nicht mehr mit der, die ich innerlich habe, übereinstimmt.

00:14:09: Das fühlt sich furchtbar an und die Geschichte, die wir uns dazu erzählen, ist wichtig.

00:14:15: Das Dritte ist, wie wir mit uns selber umgehen und welches Gefühl wir haben, was wir selber bewirken können.

00:14:21: Der Glaube daran, dass du etwas verändern kannst und wie du mit dir selber sprichst und welche Kompetenzen du bei dir vor Ort hast, kann stark verändern, wie du, wenn wir bei unserem Auto Beispiel bleiben, du durch die Frontscheibe guckst und weniger stark in den Rückspiegel.

00:14:38: Okay, also wir sprechen heute über Akzeptanz, über die Veränderung unseres eigenen Narratives und darüber, wie wir sozusagen unsere Selbstwirksamkeit stärken, wie wir uns aufrichten können, obwohl wir vielleicht eine schwierige Vergangenheit haben, die uns nicht gerade Selbstbewusstsein in die Wiege gelegt hat.

00:14:58: Die Methoden, wie man gut mit seiner Vergangenheit umgehen kann, die überlappen sich natürlich, die stehen nicht einzeln.

00:15:04: Wer Die Geschichte über sich selbst verändern kann und verändert häufig auch das Gefühl der eigenen Selbstwirksamkeit.

00:15:11: Oder ist auch freundlicher mit sich und zeigt mir selbst mit Gefühl.

00:15:14: Stimmt.

00:15:15: Und wer wiederum seine Selbstwirksamkeit stärkt oder auch seinen Selbstmitgefühl, kann natürlich auch vielleicht eine andere Akzeptanz aufbringen und so weiter.

00:15:23: Also die Punkte hängen zusammen, aber wir stellen sie jetzt trotzdem mal getrennt voneinander dar.

00:15:30: akzeptieren soll, was gewesen ist, dann hört sich das ja total passiv an.

00:15:35: Ja, viele Menschen glauben, dass Akzeptanz so was Passiv Resigniertes hat, so als würde ich mich in eine Ungerechtigkeit hinein ergeben oder in ein schweres Schicksal ergeben.

00:15:50: Und das ist aber ein Missverständnis, also Akzeptanz, in dem Sinne, wie wir das jetzt meinen.

00:15:57: Vor dem Hintergrund der Acceptance and Commitment Therapy bedeutet, dass man aufhört, mit der Realität zu kämpfen.

00:16:06: Das hört sich jetzt vielleicht für den ein oder anderen ein bisschen abstrakt an.

00:16:11: Ich bin ja ein Freund von Metaphern.

00:16:13: Es ist ein bisschen, als würdest du auf der Autobahn fahren und ein anderes Auto fährt neben dir.

00:16:20: Und du versuchst es zu überholen, geht aber nicht, wird es auch schneller.

00:16:25: Du versuchst dahinter zu kommen, bremst ab, geht auch nicht, wird langsamer.

00:16:29: Und wenn du die ganze Zeit damit kämpfst, dass es neben dir ist, bist du die ganze Zeit aufgeregt.

00:16:36: Sagst du aber, okay, es gibt dein Auto, das fährt neben mir.

00:16:39: Ich fahre so langsam oder schnell ich will, es fährt neben mir.

00:16:43: So ist es.

00:16:43: Dann wirst du trotzdem deinen Weg machen können, die ganze Zeit.

00:16:48: und so schnell und so langsam fahren, wie du halt möchtest.

00:16:50: Aber du steigst aus, etwas kontrollierend zu wollen oder beeinflussen zu wollen, was sich deiner Kontrolle schlicht und einfach entzieht.

00:16:58: So

00:16:58: wie deine eigene Vergangenheit, die war, wie sie war.

00:17:02: Und die Automitaffern, ich entschuldige mich, wir kommen gerade aus Thüringen wieder, das war ein weiter Weg.

00:17:09: Wir haben sehr viel im Auto gesessen.

00:17:11: Ja,

00:17:12: vielleicht daher.

00:17:14: Ihr findet bestimmt bessere Beispiele dafür.

00:17:17: Es gehört zum Beispiel aber nicht dazu, dass ich das gut finden muss, dass der neben mir herfährt.

00:17:22: Ne, genau.

00:17:24: Es geht nicht um eine Bewertung.

00:17:25: Es geht nicht um Kontrolle.

00:17:28: Es geht auch nicht darum, dass du zum Beispiel Dinge vergeben und vergessen musst.

00:17:33: Auch nicht darum, dass ich Verständnis habe, dass der neben mir herfährt und auch nicht, dass ich es richtig finde.

00:17:38: Genau, sondern einfach die Anerkennung von Dingen, auf die du vielleicht gar keinen Einfluss nehmen kannst und aus diesem Kampf auszusteigen.

00:17:46: Und manchmal geht es ja auch so weit, dass Menschen gegen sich selber kämpfen oder gegen Anteile von sich selber, gegen Gefühle, die sie haben, versuchen sie anzukämpfen, sie zu unterdrücken, sie zu kontrollieren und all das eben nicht mehr zu tun, sondern es sein zu lassen, dem Raum zu geben.

00:18:08: Das bedeutet Akzeptanz.

00:18:11: Wenn man es schafft, diese nicht zu endeten Dinge zu akzeptieren, kann das sehr hilfreich sein.

00:18:17: Eine ganze Therapieform dieser Acceptance and Commitment Therapie richtet sich darum.

00:18:22: Das können wir gar nicht jetzt alles auffangen.

00:18:24: Das ist komplex.

00:18:26: Aber stell dir einfach vor, du würdest einmal tief ausatmen, die Schultern hängen lassen und in so einen ruhigen Zustand kommen und nicht kämpfen.

00:18:37: Und vielleicht funktioniert ja schon dieser Gedanke, dass das Reine sein lassen, die einen gewissen Druck der Vergangenheit nimmt.

00:18:45: Man kann einfach mit dem Gedanken mal hin und her spielen.

00:18:49: Und man kann mit dieser Akzeptanz auch erst mal im kleinen Anfang, also wenn man zum Beispiel spürt, dass man ein Lied hört und wird dabei traurig, dass man einfach gar nichts macht.

00:19:02: Also gar nichts tut, sondern einatmet, ausatmet.

00:19:08: Die Traurigkeit lässt, vielleicht auch die Erinnerung, die mit dem Lied verbunden ist, da sein lässt und das sozusagen durch sich hindurchziehen lässt.

00:19:20: Also gar nicht irgendwas Groß daraus machen.

00:19:24: Weder reinsteigern, noch wegdrücken.

00:19:26: Noch

00:19:27: abschalten, genau, sondern einfach zugucken.

00:19:31: Und du sagst, man kann wie so häufig Dinge üben und auch das und dann kann man es bei größeren Sachen auch besser.

00:19:37: Ja, genau.

00:19:38: Und so eine Kernidee ist aber natürlich auch, dass man diese Beobachterposition in sich selber auch installiert.

00:19:46: Also man braucht schon dieses, wie soll ich sagen, Dritte Auge, mit dem man so auf sich selber wie ein bisschen aus einer Meterebene drauf schaut, dass man auch spürt, okay, das Lied erinnert mich an eine traurige Vergangenheit.

00:19:58: oder da kommt jetzt gerade eine schwierige Erinnerung hoch und ich kann das da sein lassen, ich kann das beobachten.

00:20:04: Ich bin nicht die Traurigkeit, sondern ich bin die Person, die gerade die traurige Reaktion auf eine Erinnerung beobachtet, die das wahrnimmt und fühlt und da sein lässt.

00:20:17: Du gehst ja da schon.

00:20:18: technisch fast ein bisschen weit mit deinem dritten Auge, was von außen etwas auf uns drauf guckt.

00:20:23: Wenn man also sagen würde, in meiner Erinnerung, ich war so kaputt, sagst du heute, ich bin jetzt gerade jemand, der sich erinnert an Früht und glaubt, dass er damals kaputt war.

00:20:35: Ja, also das klingt jetzt ein bisschen abgehoben vielleicht, aber im Grunde, ja, im Grunde finde ich diese Meta-Ebene... die man sich selber einziehen kann, günstig.

00:20:43: Und anstatt zu denken, klar, bei der Vergangenheit und den vielen Päckchen, die ich zu tragen hatte und dem riesigen Rucksack, den man mir mitgegeben hat, bin ich kaputt.

00:20:53: Finde ich's günstiger zu sagen, ich habe manchmal den Gedanken, ich sei kaputt.

00:21:00: Ja, ja.

00:21:01: Etwas in mir.

00:21:03: Glaubt, ich sei kaputt.

00:21:04: Weißt du, so, das ist nur ein kleiner Dreh, aber der kann gedanklich ganz, ganz viel bewirken.

00:21:10: Und das hat wiederum zu tun mit dem Narrativ und der Geschichte, die man sich über sich selbst erzählt.

00:21:17: Und das ist so eine verbindende Stelle zwischen diesen beiden Tipps.

00:21:22: Du hattest ja gerade schon gesagt, ein Narrativ, eine Story, die wir uns über uns selber erzählen, haben wir alle und die bestimmt halt ganz sehr, wie wir uns sehen, wie wir handeln, aber auch was wir für uns persönlich für möglich halten, oder... welche Standards wir uns geben oder oder.

00:21:39: Also das Narrativ ist schon sehr bedeutend in unserem Leben.

00:21:44: Je nachdem, wie ich meine eigene Geschichte erzähle, können zwei völlig verschiedene Betrachtungsweisen meiner eigenen Person dabei rauskommen.

00:21:53: Also mir fällt ein Beispiel ein und zwar hatte ich eine Person in der Praxis, die mit einem Alkohol erkrankten Elternteil groß geworden ist.

00:22:04: Es geht ja nicht darum, diese Tatsachen zu verleugnen oder zu verdrehen oder Fakten wegzuradieren oder so, sondern das war so.

00:22:15: Aber die Geschichte, die diese Person sich quasi selber erzählt hat oder den Schluss, den sie aus der Alkoholabhängigkeit des Elternteils gezogen hatte, war, ich werde noch nicht mal von meinem eigenen Elternteil so sehr geliebt.

00:22:29: dass es mir zur Liebe zum Beispiel das Trinken unterlassen hätte.

00:22:32: Ich bin egal, ich bin nicht wichtig.

00:22:35: Und diese Vergangenheit hat mich quasi kaputt gemacht und dafür gesorgt, dass ich kein Selbstbewusstsein habe.

00:22:43: Und das ist nachvollziehbar.

00:22:44: Diese Art Narrativ erwächst aus schlimmen Erfahrungen.

00:22:50: Aber wir haben trotzdem innerhalb der Therapie so ein paar neue Aspekte reingebracht und die Geschichte weniger schwarz-weiß, sondern viel differenzierter aufgefächert betrachtet, sodass die Person hinterher auch anerkennen konnte, okay, trotz dass mein Elternteil alkoholkrank war, hat es geschafft, mir auch gute Werte vorzuleben, hat auch zum Beispiel Kreisläufe dennoch durchbrochen, also das Elternteil hatte selber zum Beispiel schwerste Gewalt erlitten, in der eigenen Kindheit und hat das nicht weitergegeben, war eine freundliche und sanfte Person, unabhängig von der Alkoholabhängigkeit.

00:23:34: und wir haben das geschafft, dass Narrativ über die eigene Biografie sozusagen differenzierter zu gestalten, so dass die Person, die bei mir in Therapie war, hinterher sagen konnte, ja, ich hatte eine wirklich schwierige Vergangenheit.

00:23:49: Mit wahnsinnig verletzenden und belastenden Aspekten, das war so.

00:23:54: Und gleichzeitig bin ich eine freundliche und warmherzige Person.

00:23:58: Mein Elternteil hat es trotz Alkoholabhängigkeit geschafft, mir zuliebe, ungute Dynamiken zu unterbrechen.

00:24:06: Ich bin also möglicherweise doch liebenswert und auch geliebt worden.

00:24:11: Also verstehst du, was ich meine?

00:24:12: Mir

00:24:12: fällt ein, dass deine Klientin dadurch nicht zerstört wurde.

00:24:18: Genau, sie war ja eine erwachsene, kompetente Person, als sie zu mir kam.

00:24:22: Und der Blick ging aber häufig so stark aufs Defizit.

00:24:26: Und das war eben das Narrativ, das wir ein bisschen... geändert haben, indem wir Aspekte nochmal neu beguckt haben, nochmal neu beleuchtet haben, manche auch hinzugefügt haben, die einfach ins Gesamtbild gehören, die in ihrem persönlichen Narrativ vorher nicht vorkamen.

00:24:44: Also wäre auch ein Gedanke denkbar, wie selbst das mir das passiert ist, hat mich nicht kaputt gemacht und ich bin als kompetente Erwachsene daraus gegangen, auch mit der Idee, was soll mir denn sonst noch passieren?

00:24:55: Ich kann alles schaffen.

00:24:57: Ja, zum Beispiel.

00:24:58: Und da merkt man ja direkt, wenn du es jetzt so erzählst, welche große Kraft das hat, was man selber für Schlüsse aus seiner Vergangenheit zieht, welche Essenz man davon mitnimmt.

00:25:06: Also nochmal, es geht wirklich nicht darum, die Fakten zu verbiegen oder zu sagen, ah, unterm Strich war es doch gar nicht so schlimm.

00:25:13: Das ist nicht damit gemeint.

00:25:15: Aber man kann halt selber gucken, welche Bedeutung man bestimmten Fakten gibt, welche Rolle man sich auch selber in einer Geschichte zuschreibt.

00:25:22: Das ist zum Beispiel ein ganz entscheidender Punkt.

00:25:25: Viele Kinder haben ja eine ganz starke Tendenz, einfach aufgrund ihrer Altersbedingten, etwas egozentristischen Perspektive, auch viel Schuld zu erleben.

00:25:36: Dass sie denken, das hat alles was mit mir zu tun und das sagt irgendetwas über mich.

00:25:41: Ich hab was falsch gemacht, ich bin nicht liebenswert.

00:25:43: Und da noch mal hinzugucken und zu bemerken, vielleicht auch gerade als erwachsene Person, die in die Vergangenheit zurück schaut, so war das gar nicht.

00:25:52: Es gibt ganz viele andere Erklärungen, andere Bedeutung und meine Rolle war auch eine andere, kann unglaublich entlastend sein.

00:26:00: Die Idee ist, die Geschichte nicht mehr zu akzeptieren, die erzählt, ich bin beziehungsunfähig, weil es so komplett schwierig war in meiner Familie, sondern stattdessen zu sagen, es war so schwierig in meiner Familie, deswegen bin ich heute hier und versuche zu lernen, neu damit umzugehen, macht schon einen gewaltigen Unterschied.

00:26:20: Ja, total.

00:26:20: Also, ob man das narrativ hat, aufgrund meiner Vergangenheit bin ich jetzt eine einzige Baustelle.

00:26:26: Oder ob man das Narrativ hat, meine Vergangenheit hat mir bestimmte Strategien nahegelegt, die damals vielleicht sinnvoll waren.

00:26:32: Und ich sehe das auch als Kompetenz.

00:26:35: Und ich verstehe, dass Kind das ich mal war.

00:26:37: Ich verstehe den jungen Menschen, der ich mal war.

00:26:40: Ich begegne mir mit Verständnis.

00:26:42: Und trotzdem glaube ich an meine Veränderungsfähigkeit, oder so, ist ja eine ganz andere Erzählung über dich selbst.

00:26:48: Ja, und man weiß das von Menschen, die dies schaffen aus ihren auch leidenden... Biografien eine Art Erlösungsgeschichte zu machen, dass die häufig mit einem besseren seelischen Outcome gesegnet sind.

00:27:03: So sage ich das mal ab.

00:27:04: Das nennt sich Redemptive Self, das Erlösungsselbst.

00:27:08: Man kann seine Geschichte, seine Vergangenheit darauf abklopfen, ob es nicht möglich wäre, die zu diesen Positiven hinzudenken.

00:27:16: Aber Vorsicht, es gibt dazu keinen Zwang.

00:27:18: Wenn das nicht geht, wenn sich das nicht anbietet, wenn sich das nicht von alleine ein Stück weit ergeben kann, dann wäre das etwas, was man strikt vermeiden sollte.

00:27:26: Also man kann sich nicht in die Erlösungsgeschichte und das Happy End reinzwingen.

00:27:32: Also es gibt ja so Sprüche, was dich nicht umbringt, macht dich härter.

00:27:38: Mensch, toll, hättest du das Trauma nicht erlebt, wärst du nicht.

00:27:41: Die starke Person, die du heute bist, find ich halt auch immer ultragefährlich.

00:27:45: Also das ist sozusagen ne Pervertierung.

00:27:48: Das gibt's, aber zwang dahinten.

00:27:51: Ja, es gibt auch posttraumatisches Wachstum, aber ich wär auch immer ganz vorsichtig damit, das Leuten überzustülpen oder gar abzuverlangen oder zu sagen, das ist das einzigültige Narrativ.

00:28:03: Jeder mit einer schweren Geschichte muss bitte dahin kommen, dass es letztlich zu seinem Besten war oder so oder er daran gereift ist.

00:28:09: Man muss auch klar konstatieren dürfen.

00:28:13: Dass schlimme Dinge, schlimme Dinge sind.

00:28:15: Und dass beschissene Dinge, beschissene Dinge sind.

00:28:16: Und dass nicht in jedem Trauma gleich ein Silberstreif am Horizont erkennbar ist.

00:28:21: Und dass Sachen auch einfach furchtbar sein können.

00:28:23: Also darum geht es auch in der narrativen Therapie nicht, Empfindungen zu verdrehen oder Wahrheiten zu verdrehen, sondern es ist eher ein Angebot, die Perspektive zu weiten und sich selber vielleicht einen größeren Raum zu geben.

00:28:36: Letztlich sich selber nicht so festzunageln.

00:28:39: Oder zu determinieren auf eine Rolle.

00:28:42: Und wir müssen auch gar nicht nur über schwere Traumatisierung oder wirklich heftigste Kindheitserlebnisse sprechen, sondern ein Narrativ kann zum Beispiel auch sein, wenn deine Eltern dir immer erzählt haben, du warst schon immer schüchtern.

00:28:55: Oder du bist ja immer unsere ängstliche vorsichtige Maus gewesen, ne?

00:28:58: Oder du hattest schon immer zwei linke Hände.

00:29:00: Oder du bist schon immer unordentlich gewesen.

00:29:02: Auch sowas ist ein Narrativ, das man verinnerlicht.

00:29:05: Das sind Dinge, Stories, die andere dir über dich erzählen.

00:29:08: Und wenn du die glaubst, wirst du sie immer bestätigt finden.

00:29:12: Mhm.

00:29:12: Denn so ist unser Geist, dass er alles, was zu unserer Vorerfahrung passt, auch verarbeitet und dadurch das Narrativ immer weiter zementiert.

00:29:21: Und auch sowas kann man auflösen.

00:29:23: Indem man nach Ausnahmen schaut, indem man bewusst hinschaut, gibt es eigentlich auch gegenteilige Erfahrungen.

00:29:29: Wann war ich denn in meinem Leben auch mal sehr geschickt oder sehr mutig und wieso glaube ich das eigentlich?

00:29:35: Also es ist auch eine Arbeit an Glaubenssätzen letztlich, das Narrativ zu verändern.

00:29:41: Es gibt ja sogar ein ganz gutes Beispiel aus der eigenen Biografie.

00:29:44: Ich habe als Kind Alles Mögliche auseinandergenommen.

00:29:47: Uhren, Radios, jede Technik, die mir in die Finger gekommen ist.

00:29:50: Und hab sie meistens kaputt gemacht dadurch.

00:29:53: Und die Geschichte zu mir war dann, ah, ich hab zwei linke Hände.

00:29:59: Ich muss mal was mit dem Kopf machen.

00:30:01: Was ich im weitesten Sinne schon auch nur tue.

00:30:05: Aber es hat sich rausgestellt, durch das viele Erforschende auseinandernehmen und kaputt machen, bin ich recht gut da drin geworden, Dinge zu reparieren oder Dinge zu bauen.

00:30:15: Das ist jetzt meine Geschichte.

00:30:17: Und bei der Welt kommt die auch viel näher an die Wahrheit.

00:30:21: Ja, genau.

00:30:22: Das ist ein total schönes Beispiel.

00:30:24: Die narrative Therapie übrigens ist jetzt kein therapeutisches Richtlinienverfahren.

00:30:30: Es ist jetzt auch keine Methode innerhalb der Verhaltenstherapie oder so etwas, sondern das ist wirklich eine eigenständige Methode.

00:30:38: Nicht so gut beforst wie jetzt andere Dinge, die wir sonst so vorstellen.

00:30:41: Aber ich finde es total spannend und total interessant.

00:30:45: im Sinne so der Selbsterforschung und Selbstverordnung wirklich sich auch mal das eigene Leben durch diese Brille anzugucken.

00:30:51: Und allein schon die Frage, ist das jetzt das Buch oder war das nun Kapitel, was ich gerade erlebt habe?

00:30:58: Oder sich fragen zu stellen, wie, wenn ich eine Hauptfigur in einem Roman wäre, was würde ich als Leser sozusagen mir wünschen?

00:31:07: Wo würde ich mitfiebern?

00:31:09: Wo würde ich sagen, jetzt trifft eine Entscheidung oder lass das?

00:31:14: sein.

00:31:15: Also wirklich mal die Lebensgeschichte durch diese Brille zu begucken, finde ich total spannend.

00:31:20: Und eine Sache aus der Narrativen Therapie, die ich total schön finde, die möchte ich auch unbedingt noch kurz erzählen.

00:31:27: Und zwar gibt es da das Konzept des Remembering.

00:31:30: Und jetzt bedeutet ja Remember auf Englisch sich erinnern.

00:31:35: Aber der Mitbegründer der Narrativen Therapie, Michael White, hat ein Wortspiel daraus gemacht und nennt es RE.

00:31:45: Es geht also um eine Membership, um eine Mitgliedschaft, die du neu vergeben oder auch manchen Menschen entziehen kannst.

00:31:54: Und zwar geht es um die Mitgliedschaft in deinem Kopf, in deinem inneren Team, in dem Club der Menschen, die dich prägen.

00:32:02: die Determinieren, wie du über dich denkst, wer du bist, so für dem Hintergrund der Idee, dass Menschen immer auch entstehen durch den Kontakt zu anderen Menschen.

00:32:12: Und ein Teil der narrativen Therapie kann auch darin bestehen, dass man eben guckt, welche Menschen in meinem Lebensclub sozusagen, in meiner Vergangenheit, aber auch in meiner Gegenwart, meine Identität positiv prägen.

00:32:28: Und das kann sein, dass die Plätze im inneren Club so ein bisschen ungut vergeben sind sozusagen.

00:32:35: Also, dass da Menschen einen großen Platz einnehmen in deiner Erinnerung, an deine Vergangenheit, die vielleicht auch irgendwie eine laute Stimme haben, aber nicht viel Gutes hinzugefügt haben.

00:32:46: Und dann ist es ja nur gut, wenn du als Clubchef denen die Mitgliedschaft entziehst oder jedenfalls ihre Vorzugsstellung mal so ein bisschen in den Hintergrund rücken lässt und dafür nochmal gezielt guckst, wen möchte ich in meinem inneren Club eigentlich wirklich als Special-Member oder VIP-Person viel mehr hervorheben.

00:33:07: Das kann deine Kunstlehrerin gewesen sein oder eine nette Nachbarin oder irgendeine Person, die du in deiner Vergangenheit vielleicht eher als Randfigur deklariert hast, die aber in Wirklichkeit doch wichtig war.

00:33:19: Und da auch noch mal hin zu gucken, verändert das Narrativ, verändert aber vielleicht auch dein Selbsterleben und die Stories, die du dir über dich selber erzählst.

00:33:28: Wenn du zum Beispiel in einem selbstkritischen Moment dich fragst, was würde denn meine Kunstlehrerin von damals in diesem Augenblick über mich denken?

00:33:37: oder was würde sie sagen und zum Beispiel eben nicht mein alkoholabhängiger Vater?

00:33:43: Ja, verstehe.

00:33:44: Okay, remembering den inneren Kreis der wichtigen Leute für mich verändern.

00:33:50: Stark.

00:33:51: Also, eine gute Möglichkeit mit der Vergangenheit umzugehen ist, dass man sie akzeptiert.

00:33:58: Ein weiterer ist, dass ich die Geschichte, die ich dadurch über mich selbst erzähle, darauf abklopfe, ob es nicht eine gute sein könnte.

00:34:08: Und kommen wir zum dritten Punkt.

00:34:10: Wenn ich heute das Gefühl einer guten Selbstwirksamkeit habe, dann bin ich nicht so abhängig davon, was in meiner Vergangenheit nur war, sondern ich bin im Heute und Jetzt und kann etwas tun.

00:34:23: Ich habe den Glauben daran, selbst etwas aufbauen zu können.

00:34:27: Genau, die Selbstwirksamkeit ist ein therapeutisches Kernkonzept, möchte ich mal sagen.

00:34:33: Das geht auf Albert Bandura zurück und es bedeutet eben, was du gerade gesagt hast, dass man daran glaubt, dass man in der Lage ist und über Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügt, im weitesten Sinne das Leben zu händeln, Aufgaben zu bewältigen und Ziele zu erreichen.

00:34:50: Es geht also darum, dass du glaubst, dass du Wirkung entfalten kannst, daher der vielleicht etwas sperrige Begriff Selbstwirksamkeit.

00:35:00: Es gab mal eine Studie Anfang der zweitausender Jahre, da hat man Menschen nach Autounfällen befragt und versucht rauszukriegen, wie stark selbstwirksam sie sich einschätzen.

00:35:12: Und umso stärker das war, Umso besser ging es ihnen drei Monate später.

00:35:17: Also der Gelaube und das Bewusstsein der eigene Selbstwirksamkeit haben schon dafür gesorgt, dass es ihnen tatsächlicherweise und im Durchschnitt seelisch nach drei Monaten besser ging als den anderen.

00:35:28: Ja, also ja, weil Selbstwirksamkeit bedeutet, dass du dir selber Dinge zutraust und auch mit Zumutungen schon selbst in dem Moment, während sie passieren oder kurz nachdem sie passiert sind, Du sozusagen die Zusprechst, dass du es wirst händeln können.

00:35:48: Es ist nicht so ganz leicht, einfach zu sagen, ja, man muss den Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit haben und dann wird es schon irgendwie besser und die Vergangenheit kann ich dann besser betrachten.

00:35:58: Ganz konkret habe ich deswegen ein Tipp.

00:36:00: Wenn dir Sachen aus der Vergangenheit einfallen, die sehr schwierig waren, schreib die hin oder überleg sie dir und schreibe daneben, was hat geholfen, das zu überwinden?

00:36:12: Warum konntest du diese Schwierigkeit überleben?

00:36:16: Warst deine Hartnäckigkeit?

00:36:17: Warst deine Fähigkeit auch was auszuhalten?

00:36:21: Warnes Freunde?

00:36:22: Warst Humor?

00:36:23: Warst dein Intelligenz?

00:36:25: Egal, war es reine Körperkraft.

00:36:27: Aber du konntest dem was entgegensetzen.

00:36:30: Ja, das ist interessant, dass du das sagst, weil Selbstwirksamkeit tatsächlich... ein bisschen kontextabhängig ist.

00:36:36: Also, manche Leute haben in einzelnen Lebensbereichen eine recht hohe Selbstwirksamkeit.

00:36:41: Also, dass sie zum Beispiel sagen, ich bin super belastbar im Job und da boxt mich nichts um oder bin ich stressresistent oder kann ich kühl bleiben, auch wenn es hochhergeht und so.

00:36:52: Also, da haben sie eine hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Vertrauen in ihre Kompetenzen und Fähigkeiten, aber in anderen Domänen, zum Beispiel im Lebensbereich Beziehung.

00:37:02: haben sie eine ganz geringe Selbstwirksamkeitsüberzeugung.

00:37:05: Da glauben sie, boah nee, Beziehungen führen, keine Ahnung und weiß ich nicht und das ist wahrscheinlich alles irgendwie Glück oder Pech und was kann ich da schon tun?

00:37:13: und so und haben da gar nicht so eine hohe Selbstwirksamkeit, Erwartung oder Überzeugung.

00:37:18: Deshalb lohnt sich das schon da auch mal hin zu gucken, aber wenn wir über Vergangenheit sprechen und auch darüber wie man mit seiner eigenen Vergangenheit vielleicht abschließen kann, dann geht es ja vor allen Dingen um die Fähigkeit auch ungute Gefühle zum Beispiel auszuhalten oder Anstrengung in Kauf zu nehmen, weil einem bestimmte Dinge halt nicht so leicht fallen wie vielleicht anderen Menschen, die die entsprechenden Erfahrungen nicht erleiden mussten, wie ich.

00:37:44: Und das ist das Entscheidende mit der Selbstwirksamkeit in Hinblick auf Vergangenheitsbewältigung, dass man glaubt, dass man das kann.

00:37:52: Dass man sich verändern kann, dass man nicht ausgeliefert ist.

00:37:56: Dass man das, was man braucht, schulen kann.

00:37:59: Oder schon mitbringt.

00:38:00: Wer man als Ziel hat, So an auch schwierige Vergangenheit dran zu gehen, ist es wichtig, dass man klein anfängt.

00:38:07: Nicht, ich schaff es jetzt in einem Gedanken, meine gesamte schwierige Vergangenheit hinter mir zu lassen, sondern kleine Schritte, ein kleines Erlebnis, ein nicht so schlimmes Erlebnis.

00:38:19: Wenn das aber schon mal funktioniert, kriegt man ein Gefühl davon, wie es weitergehen kann und das entlastet auch schon.

00:38:26: Auf jeden Fall und in Hinblick auf Selbstwirksamkeit finde ich auch super, sich Vorbilder zu suchen oder Menschen, die eventuell durch was Ähnliches schon durchgegangen sind, an denen ich mich orientieren kann und die mir auch wirklich die Zuversicht geben, dass ich mich heute ganz neu aufstellen kann, trotz vielleicht ähnlicher Vergangenheitserfahrung.

00:38:46: Also es kann zum Beispiel so sein, dass man jemand im Umfeld hat, der ebenfalls schwierigste Erfahrungen hinter sich gebracht hat, aber trotzdem sich ein ganz okayes Leben aufgebaut hat.

00:38:56: Und dass ich daraus ableiten kann, wenn dieser Person das gelingt, kann mir das doch vielleicht auch gelingen.

00:39:01: Und dafür sind zum Beispiel, je nachdem, worüber wir jetzt reden, über welche Art von Vergangenheit auch Selbsthilfegruppen super.

00:39:10: Total.

00:39:11: und da kommen ja immer Menschen zusammen, die eine ähnliche Erfahrungswelt teilen in Hinblick auf einzelne Lebensaspekte und gleichzeitig sind einige schon ein bisschen weiter in ihrer Entwicklung und Auseinandersetzung.

00:39:24: Und das können ganz tolle Vorbilder sein, die dadurch die Selbstwirksamkeit stärken und das Vertrauen, dass du es schaffen können, trotz dieser Vergangenheit dir ein gelingendes Leben aufzubauen.

00:39:37: Wenn wir heute über schwierige Vergangenheit besprochen haben, meinen wir ganz besonders die Dinge, die recht häufig in normalen, in Anführungszeichen, Leben vorkommen.

00:39:48: Wir wissen auch, dass es schwere Traumata gibt, die sind in den meisten Fällen mit diesen Ratschlägen so nicht zu bewältigen.

00:39:55: Nicht, dass dann falscher Eindruck aufkommt.

00:39:57: Aber die meisten menschlichen Leben gehen nicht leidlos vonstatten und häufig genug ist Vergangenheit ein Hemschuh.

00:40:04: Und wenn wir jetzt Zum Ende des Jahres.

00:40:07: Auf das Jahr und auf ein Stück unseres Lebens zurückschauen, kann das helfen, etwas freudiger durch unsere große Frontscheibe der Zukunft zu blicken.

00:40:15: Ah, das hast du sehr schön gesagt.

00:40:18: Ich fasse die Punkte nochmal zusammen.

00:40:19: Also erstens geht's um Akzeptanz.

00:40:22: Hör auf zu kämpfen gegen das, was mal war.

00:40:26: Schaff in dir einen Raum für Gefühle und für Gedanken, aber ohne dass sie dich kontrollieren.

00:40:33: Hilfreich ist dabei, wenn du in dir so eine Art beobachter Position einnehmen kannst, die da drauf schaut, aber sich davon nicht mehr determinieren lässt.

00:40:42: Denn klar, Vergangenheit prägt uns, aber sie bestimmt nicht unsere ganze Zukunft.

00:40:49: Zweitens.

00:40:50: Verändere das Narrativ und die Stories, die du dir über dich erzählst oder die du dir über dich hast erzählen lassen.

00:40:58: Schreib die Geschichte um und zwar nicht indem du die Fakten verdrehst, sondern indem du ihnen vielleicht eine neue Bedeutung gibst oder wichtige Aspekte neu betonst.

00:41:08: Einschließlich der Möglichkeit des Remembering, das heißt die Mitgliedschaften in deinem Lebensklub nochmal durchzusortieren und anders zu priorisieren.

00:41:20: Und drittens, du kannst deine Selbstwirksamkeit stärken.

00:41:23: Es gibt viele belastbare Befunde, die zeigen, dass mentale Gesundheit sehr stark daran gekoppelt ist, wie sehr wir uns zutrauen, auch mit schwierigen Ereignissen tatsächlich umzugehen.

00:41:34: Und dafür kannst du zum einen kleine Erfolgserlebnisse selber immer sammeln und die auch vielleicht festhalten.

00:41:40: Aber wichtig ist auch, dass du vielleicht Vorbilder oder Gleichgesinnte oder Unterstützungen suchst, die dich darin bestärken.

00:41:47: Das können wichtige Wege sein.

00:41:49: Auch wenn es nicht die einzigen sind, die wiederum sich natürlich immer überschneiden und sich gegenseitig verstärken.

00:41:58: Wenn du magst, bleibt doch mit uns im Austausch am besten über Instagram, unter dem Händel Franka-Unterstrich-Cheroti-Unterstrich-Psychologie.

00:42:08: Würden wir uns freuen, wenn wir zum Beispiel davon hören, wie denn dein letztes Jahr war oder wo du deine Story neu geschrieben hast.

00:42:15: Mit Psychologie to Go hören wir uns im neuen Jahr wieder.

00:42:19: Aber wenn du Lust hast auf ein bisschen leichtfüßige Unterhaltung, dann hör doch trotzdem gerne morgen gleich wieder rein.

00:42:27: Da werden wir wieder mit der virtuellen Katze auf dem Schoß vor unserem ebenfalls herbei imaginierten Kamin sitzen und Märchen erzählen und auseinandernehmen.

00:42:37: Zwischen den Jahren gibt's von uns nämlich immer noch extra was zwischen die Ohren.

00:42:41: Und heute schon kannst du umschalten auf den Podcast.

00:42:45: Denn da gibt es unsere zweite klassische antike Sage, die uns Matthias Ränger erzählt und die wir gemeinsam psychologisch mal ein bisschen durchquatschen.

00:42:55: Danke für Deine Interesse, danke für Deine Aufmerksamkeit und bis bald.

00:42:59: Tschüss!

00:43:17: Und natürlich nächste Woche wieder hier.

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